Südafrika und Botswana 2014
Schon im Januar 2014 hatte ich die Flüge für die Reise im Oktober nach Südafrika gebucht. Knapp 600 Euro waren zu berappen. Viel günstiger geht es wohl nicht. Ein Dank geht dabei an meinen alten Arbeitgeber und Ausbilder, das Reisebüro Fritsche und Rudolph, das mir den Flug zum Nettopreis verkauft hat. Bis einige Wochen vor der Reise passierte dann nix. Was soll man groß irgendwelche Spiele planen, wenn die Afrikaner eh sehr kurzfristig mal Spielpläne ändern. Mit Abflug am 03. Oktober hatte ich zumindest einen groben Plan gemacht. Wer es noch nicht mitbekommen hat: Mein Bruder wohnt sein 10 Jahren in Johannesburg. Seit sechs Jahren ist er mit Delyn zusammen. Seit Dezember 2013 sind die beiden Eltern eines Jungen, Rupert Ashton-Kgothatso. Kgothatso heißt Courage. Ein schöner afrikanischer Name. Das primäre Ziel war also eh der Besuch meiner Familie. Obwohl der Fußball natürlich nicht zu kurz kommen sollte…
Freitag, 03.10.2014
Aus verschiedenen Gründen konnte ich erst am Morgen meiner Abreise meine Tasche packen. Daher stand ich etwas früher auf. Allerdings war ich eh etwas nervöser als vor einem Flug nach London und konnte daher sowieso nicht mehr schlafen. Die Tasche war schon halb voll mit diversen Geschenken meiner Eltern für den Enkel. Um 07:32 Uhr nahm ich die S6 nach Köln. Um 08:55 Uhr fuhr hier nun mein ICE nach Frankfurt Airport. Meine Eltern hatten mir den „Zug zum Flug“ geschenkt. Weil es nur unwesentlich teurer war, in der ersten Klasse. Nicht, dass ich jetzt unnötig dekadent werde… Schön war es trotzdem. Hier war es nämlich wesentlich leerer als in der zweiten Klasse. Ich hatte zeitmäßig äußerst großzügig geplannt, bei der Bahn weiß man ja nie, so dass ich nun fünf Stunden vor dem Abflug der Egypt-Air Maschine nach Kairo am Flughafen ablungerte. Ich hatte aber ein Buch dabei. Daher wurde es nicht langweilig. Gegen 12:30 Uhr konnte ich dann einchecken und meine Reisetasche loswerden. Weil es im Terminal nix zu tun gab, ging ich durch die Sicherheitskontrolle Richtung Gate. Was essen wollte ich noch. Die absoluten Mondpreise (bspw. 15,50 Euro für ein Halbes Hähnchen, Pommes und Salat) zwangen mich mal wieder zu Macdonalds. Ich hatte Platz 33K – schön ganz hinten also. Einsteigen konnte man nur vorne. So marschierte ich dann einmal durch die ganze Maschiene und wunderte mich, als ich auf einmal in Reihe 45 stand. Ich bin echt Ryanair geschädigt, wo bei 30+ immer Feierabend ist. Ich marschierte als wieder zurück, nun gegen den Strom. Dann war ich angekommen. Um 15:20 Uhr, mit einer Verspätung von zehn Minuten hob der Airbus 330-200 dann ab. Ich saß neben einer Frau in den 60ern. Mit dieser entwickelten sich im Laufe des Fluges äußerste nette Gespräche über Gott und die Welt. Man wird in einem Flieger als Alleinreisender immer neben jemanden zwangsgesetzt. Auf diesem Flug hatte ich echt Glück.
Um 19:30 landeten wir in Kairo. Meine Sitznachbarin verabschiedete sich und ich begab mich in den Transitbereich. Hier schlug mein Herz direkt höher, als ich auf der Speisekarte einer Fressbude Spaghetti Carbonara entdeckte. Carbonara Länderpunkt Ägypten? Das wäre ja ein Traum J Aber der Typ an der Theke meine „ausverkauft“. Na klar! Ich bin mir sicher, der hatte nur keinen Bock die zuzubereiten… Schade. Stattdessen gab es ein Rindercarpacchio mit Toast und Ziegenkäse. Das war auch ganz geil. Dazu ein Stella Lager. Später noch ein Sakara Gold. Ich war dann heilfroh, dass ich mir nicht für teures Geld am Dutyfreeshop noch eine Flasche Wasser geholt habe, denn die wurden einem an einem erneuten Sicherheitscheck direkt am Gate abgenommen. Völlig sinnlos. In Zeiten der IS-Bastarde sind die Behörden vermutlich übervorsichtig. Im Flieger von Kairo nach Johannesburg hatte ich nun erneut Glück mit meinen Sitznachbarn. Ich hatte nämlich keine. Ich hatte drei Plätze für mich. Geil! Da der Flug über Nacht ging optimal. So machte ich es mir bequem und konnte einige Stunden schlafen. Erwähnenswert nur, dass mir plötzlich eine Tasche auf die Rübe knalle die aus einem der Gepäckfächer gefallen war. Der Schreck war schlimmer als der Schmerz. Halb so wild…
Samstag, 04.10.2014
Um 7:20 Uhr landete der Flieger in Johannesburg, (auf Zulu) auch eGoli, „Stadt des Goldes genannt“. Grund dafür sind Goldfunde Ende des 19. Jahrhunderts. Damals brach ein wahrer Goldrush aus. Wo früher nichts war wuchs in rasantem Tempo eine Stadt heran die heute mehrere Millionen Einwohner hat. Die Einwohner nennen ihre Stadt liebevoll Jozi oder Joburg. Umgeben ist Joburg von vielen Townships: bspw.: Tembesi, Soweto und Alexandria. In diesen Townships mussten zu Zeiten der Apartheid (dem rassischsten Regierungssystem in Südafrika, dass erst Anfang der 90er Jahre gestürzt wurde) die Schwarzen leben. Die Innenstadt von Joburg wurde so weiß gehalten. Lediglich zum Arbeiten „durften“ die Schwarzen in die Stadt.
In der Ankunftshalle des O.R. Tambo Airport empfingen mich Bastian, Delyn und Rupert, der mit zehn Monaten bereits mit Hilfe seines „Autos“ läuft. Als erstes fuhren wir durch die Stadt zur Wohnung der drei. Dort duschte ich zunächst. Dann gab es einen Kaffee. Bastian zeigte mir die Wohnung und mein Zimmer für die nächsten zwei Wochen. Alle hatten nun Hunger. Weil Südafrika ja lange Jahre auch britische Kolonie war, ist das entsprechende Frühstück hier überall zu bekommen. Im Garten eines netten Restaurants gab es nun also Bratwurst, Champignons, Tomaten, Spiegeleier mit Toast und Pommes. Bohnen und Hashbrowns fehlten leider. Ein Freund von Delyn und Bastian hatte sich zu uns gesellt und am Ende sogar eingeladen. Toll, vielen Dank dafür… Gesättigt fuhren wir nun in die Stadt nach Bramfontain, hier gingen wir über einen Markt der in einem stillgelegten Parkhaus untergebracht ist. Überall wurde hier gekocht und gebraten. Allerlei afrikanische und andere Spezialitäten wurden angeboten. Hätten wir uns das Frühstück eigentlich auch schenken können… Wir liefen noch ein wenig rum und trafen einige Leute die mein Bruder, Gott weiß woher, kannte…
Nun sollte das erste Spiel auf dem Plan stehen. Jomo Cosmos v Golden Arrows. Ein weiteres Spiel in Witbank (Etwa 100 KM von Joburg) hatten wir unserseits abgesagt, da mein Bruder dort mit dem Firmenwagen nicht hin durfte… Am Morgen hatte ich die Homepage von Jomo cosmos gecheckt. Dort stand groß: NEXT MATCH: 15:30 Uhr, Makhulong Stadium. Dieses Stadion liegt in Tembisa, einem der Townships von Johannesburg. Da fuhren wir nun hin und so bekam ich einen Eindruck vom Leben der meisten Südafrikaner. Es ist schwer zu beschreiben, was ich sah. Es ist nicht überall die totale Armut. Die meisten haben anständige, kleine Häuser. Es gibt für alles Geschäfte, Einkaufszentren, es gibt Schulen, Sportvereine, Kneipen, Kirchen und alles was es bei uns auch gibt. Trotzdem ist es völlig anders. Zwischendrin finden sich immer wieder Ansammlungen von einfachsten Hütten aus Wellblech natürlich ohne fließendes Wasser, mit einem Dixiklo für hunderte Leute. Strom wird hier meist irgendwo abgezapft. Da siehts dann echt nicht gut aus. Die Straßen sind in schlechtem Zustand, überall ist Müll und Unrat. Das Stadion fanden wir, obwohl die Townships nicht wirklich übersichtlich sind, recht schnell. Dank der Navigationskünste meines Bruders… Zwischenzeitlich war mir schon mal der Gedanke gekommen, dass ich am Morgen gar nicht auf das Datum des Spiels geachtet hatte… Irgendwie wurde mir mulmig. Und zwar zu recht. Am Stadion angekommen war da gar nix los. Da standen lediglich zwei Autos rum. Ein Typ war von irgendeinem Sportkomitee und erzählte, hier sei heute nichts. Jomo Cosmos spielt woanders. Zum Kotzen. Später bestätigte sich dann, das was ich befürchtet hatte. Das Spiel auf der Homepage „Next match“ war vom Februar!!! Ich hatte da einfach nicht drauf geachtet. Die Homepage machte auf den ersten Eindruck einen ordentlichen Eindruck. Lektion gelernt: ALLES wirklich ALLES, Datum, Uhrzeit und Ort doppelt und dreifach checken, wenn man in Afrika unterwegs ist… Ich ärgerte mich mächtig, beruhigte mich aber genau so schnell… Als nächstes fuhren wir dann ins Nirgendwo. In diesem scheinbaren nirgendwo entsteht gerade eine neue Stadt mit Häusern und Wohnungen jeglicher Größen, Schulen, Krankenhaus, Shoppingcenter usw. Fast alle Häuser sind bereits verkauft – zu horrenden Preisen. Einer der Makler, der diese Häuser verkauft ist Musi. Und Musi ist seit vielen Jahren ein guter Freund meines Bruders … Nachdem wir im Maklerbüro (ohne Musi, der war bereits zu Hause) einen Film über das ganze Projekt geguckt hatten, fuhren wir zu ihm. Vorher hatten wir Wein, Käse, Cracker und ein paar weitere Leckereien eingekauft. Musi begrüßte uns herzlich, besonders Rupert, der sein Patenkind ist. Mit Musi fuhr ich noch mal los um Bier zu holen. Ein netter Kerl. Im Garten grillten wir und aßen unsere Snacks, tranken Wein und Bier. Später kamen Musis Schwestern und lieferten insgesamt fünf Kinder im Alter von fünf bis 14 ab. So wurde es noch recht lebhaft in der Wohnung. Echtes Familienleben halt. Gegen 22 Uhr fuhren wir nach Hause. Ich trank noch ein Bier auf dem Balkon und schrieb dabei einen Facebook-Gruß… mit herrlichem Blick auf die Lichter des nächtlichen Johannesburg.
Sonntag, 05.10.2014
Sonntag checkte ich als aller erstes das Nachmittagsspiel: Wann, wann genau, wann ganz genau und vor allem wo, wo genau und wo ganz genau. Heute, 15:00 Uhr, Orlando Stadium! So ein Desaster wie gestern wollte ich nicht noch mal haben. Deswegen ließ ich alles noch mal von meinem Bruder nachchecken. Eigentlich sollte nun nichts mehr schief gehen können. Dann gingen wir frühstücken. Der Vorabend war ja anstrengender als erwartet gewesen. Daher war dies dringend nötig. Wir fuhren dafür in einen Laden namens Tei Avon. Hier gab es großes und gutes Buffet für sechs Euro inklusive all-you-can-drink-coffee. Ordentlich gesättigt fuhren wir nun nach Soweto. Soweto steht für SOuth WEstern TOwnship. Soweto ist ein Zusammenschluss von etwa 30 Townships mit offiziell 1,2 Mio. Einwohnern und war von 1983 bis 2002 eine eigenständige Stadt. Seit 2002 gehört Soweto zur Metropol Gemeinde City of Johannesburg. Soweto ist ähnlich zu beschreiben wie Tembisa. Wir besuchten hier eine Verwandte von Delyn. Miriam wohnt in einem kleinen, aber feinen Haus zusammen mit ihrem Mann. Die Kinder sind alle schon aus dem Haus. Eine der Töchter war aber mit ihrer Tochter zu Besuch. Sie hieß Nunu und würde heute mit zum Fußball kommen. Nach kurzem Aufenthalt und ein paar Unterhaltungen, bei denen mir auch das erste Bier, eine 0,75 Liter Pulle Hansa (nein nicht das Penner-Bier Hansa) in die Hand gedrückt worden war, machten wir, Bastian, Delyn, Nunu und ich auf nach Orlando, eines der 30 Townships und Heimat der Orlando Pirates. Diese sind einer der zwei beliebtesten Clubs des Landes. Der andere ist Kaizer Chiefs. In einem Restaurant tranken wir ein paar Bier. Delyn hatte über einen Freund, Mbali, Tickets organisiert. Diesen mussten wir aber noch treffen. Das dauerte und dauerte. Der Anstoß rückte näher und näher. Ich hatte immer wieder betont wie wichtig es mir ist beim Anstoß im Stadion zu sein. Delyn war nicht wirklich beunruhigt, dass das nicht klappen könnte. Auch nicht um kurz vor 15 Uhr! Ich war zwischen nervös, sauer und resignierend. Um 15:01 Uhr bekamen wir von Mbali die Tickets ins Auto gereicht. Ich sprang aus dem Auto, rannte um ein Viertel des Stadions und war nach kurzer Kontrolle drin. In der zweiten oder dritten Spielminute. Arrrghh. This is africa. Damit muss man hier wohl klar kommen. Das Orlando Stadium ist leicht beschrieben. Rundherum sind etwa 25 Sitzreihen im Unterrang, dann gibt es etwa fünf Reihen in einem Mittelrang und noch mal 25 Reihen im Oberrang. Insgesamt ein solides, aber nicht besonders außergewöhnliches Teil. Leider hatten sich nur etwa 3500 Menschen ins Stadion verirrt. Hinter dem einen Tor sorgten ungefähr 80 bis 100 Leute für ein wenig Stimmung in dem sie tanzten und sangen. Vuvuzelas gab es so gut wie gar keine. Hier setzte ich mich hin und wenig später trafen auch die anderen drei ein. Das gleiche Bild bot sich auf der Gegentribüne. Viele Fans waren verkleidet mit typisch Arikanischen Outfits und oder Voodoo-Sachen. Einer hatte sich nen Büstenhalte umgeschnallt. Wohl um die Gäste als Tunten zu verspotten. Warum man sich dann aber selbst zu einer macht, verstehe ich nicht so ganz. Außer meinem Bruder und mir waren noch drei andere Weiße im Stadion. Zumindest haben wir keine anderen mehr gesehen. Außer: Einem schwarzen Albino. Klingt ziemlich bescheuert. Aber das ist echt ein Schwarzer, der völlig weiße Haut hat… Es passiert nicht oft, dass sich Weiße nach Soweto, ins Fußballstadion verirren. Schon gar nicht Weiße, die auch noch aus Europa kommen. Das machte uns zu einer Art Sensation. Deshalb kamen immer wieder Leute zu uns um Fotos mit uns zu machen.
Das Spiel war ganz gut. Polokwane ging in Führung und als ich gerade Bier holen war fiel das 1:1. Das 2:1 für die Orlando Pirates folgte dann in der zweiten Hälfte und war schön rausgespielt. Insgesamt war der ganze Kick auf einem technisch und spielerisch hohen Niveau. Nach dem Spiel gingen wir zurück zum Auto und fuhren in das Restaurant wo wir auch vor dem Spiel gewesen waren. Wir stießen auf den neuen Ground an und aßen endlich wieder etwas. Seit dem Frühstück hatte es ja nix mehr gegeben. Für mich gab es ein Rinderfilet mit Pfeffersauce und Pommes. Für knapp 10 Euro. Sehr gut. Wir holten Rupert bei Miriam ab, brachten Nunu noch zu irgendeinem Club und fuhren dann nach Hasue. Auf dem Weg zeigte mir mein Bruder noch wo er arbeitet. Auf der Couch ließen wir den Abend dann ausklingen.
Montag, 06.10.2014
Montag, das hieß für meinen Bruder arbeiten. Ich schlief so lange es der Lärm in der Wohnung zuließ. Zu allem Überfluss dröhnte draußen auch noch irgendeine beschissene Alarmanlage. Das hieß: 7:30 Uhr aufstehen. Ich lernte nun „Die Mama“ kennen. So nennen Delyn und Bastian Ruperts Nanny, die montags bis freitags kommt und sich um Rupert und den Haushalt kümmert. Die Mama machte dann irgendeinen Brei, den ich nur mit Unmengen braunem Zucker halbwegs vernünftig runter bekommen habe… Den Morgen lungerte ich auf der Couch rum und schrieb an diesem Bericht und suchte nach weiteren Spielen, die man gucken könnte. Fand aber keine… Terminmäßig sind diese zwei Wochen zum Fußballgucken nicht das wahre. Machen wir das Beste draus.
Jetzt sollte es halbwegs abenteuerlich werden. Delyn und ich fuhren nach Downtown. Diese Gegend ist ausschließlich schwarz und auch nicht unbedingt die sicherste. Aber der Reihe nach. „Wie kommen wir dahin?“, war meine Frage. „Taxi!, die Antwort. Mit Taxi war aber nicht, wie bei uns ein Taxi gemeint, das man persönlich ruft, sondern ein Minibus, der in unbestimmten Zeitabständen bestimmte Strecken abfährt. Man stellt sich dann an die Straße und in der Regel kommt innerhalb von 15 Minuten ein solches Minibus-Taxi vorbei. Dann macht man dem Taxifahrer ein bestimmtes Zeichen. Beispielsweise zeigt man den Zeigefinger, die Faust, die flache Hand oder was auch immer. Jedes Zeichen zeigt an, wo man hin möchte. Fährt das Taxi dorthin, hält es an und man springt rein. Zu voll sind diese Taxen selten. Aber nicht weil sie nicht genutzt werden, sondern weil es keinen juckt, wenn auf elf Sitzen 15 oder 16 Leute sitzen. Wir standen also an der Straße und tatsächlich, nach etwa zehn Minuten kam ein Taxi vorbei – was für ein Trümmerhaufen. Die Sitze völlig verrottet und ohne Anschnallgurte, die Verkleidung der Schiebetür gab es nicht mehr, der Boden total verschmutzt. Aber das Teil fuhr. Zumindest zehn Minuten. Dann mussten wir anhalten. Und dann sprang der Bus nicht mehr an. Warum wunderte mich das nicht. Ein paar Versuche, dann war dem Fahrer klar: nix geht mehr. Aber Afrika wäre nicht Afrika wenn nicht recht schnell ein Ersatzbus eingetroffen wäre. Dieser war augenscheinlich wesentlich moderner. So ging es dann zügig weiter in die Innenstadt. Wir hielten irgendwo an, bezahlten den Fahrer, in dem das Geld von hinten nach vorne durch den Bus gereicht wurde, und das Wechselgeld auf demselben Weg zurück kam und stiegen aus. Es war Mittagszeit, also Essenszeit. Auf der Suche nach einem netten Lokal wurden wir fündig bei einem Inder/Pakistani, der es von der Innenausstattung locker mit dem ersten Bus von vorhin aufnehmen konnte. Das Essen aber schmeckte gut und war außerordentlich stark gewürzt. Mir brannte ganz ordentlich die Schnüss… Wir liefen anschließend durch eine Shopping Mall, dann am Nationaltheater vorbei bis zur neuen Shopping Mall „Newtown Junction“. Diese war gerade erst eröffnet worden. Daher wurde hier und da noch fleißig gewerkelt. Ich machte ein Foto mit meiner Kamera und wurde von einem Sicherheitsmann gebeten dies nicht zu tun. Handykamera ja, Kamera nein. Verstehe wer will… Als wir hier fertig waren ging es weiter in die richtige Down Town. Hier waren wirklich nur Schwarze. Stundenlang habe ich keinen einzigen Weißen gesehen. Ich gebe zu, dass das ein recht seltsames Gefühl war. Gefährlich war es hier nicht. Zumindest hatte ich nicht den Eindruck. Höllisch aufpassen muss man aber trotzdem. Denn es kann immer was passieren, besonders Taschendiebstähle. Der Verkehr hier ist allerdings ziemlich heftig. Nicht bloß, dass den normalen Festlandeuropäer der Linksverkehr zu schaffen macht, es geht zudem recht rücksichtslos zu. Es war ein Abenteuer und auch eine tolle Erfahrung, aber ich war froh als wir wieder im Taxi saßen. Nach etwa 58 Stunden in Südafrika war es dann der Taxifahrer, der mich nach Adolf Hitler gefragt hat. Ich beließ es bei einer kleinen Erklärung, dass es zu jener Zeit so wenig Schwarze in Deutschland gab, dass der Herr sich darum nicht gekümmert hat. Wir ließen uns am Victory Parc absetzen, der Mall wo wir bereits am Sonntagmorgen gefrühstückt hatten. Bei Mugg & Bean tranken wir eine Cola und warteten auf Viktor, ein Kumpel meines Bruders. Dieser traf dann auch ein und wir quatschten ein wenig bis mein Bruder uns abholte. Mein Bruder war aber hungrig, so dass er zunächst noch etwas aß. Anschließend kauften wir ein, fuhren nach Hause und kochten Spaghetti mit Fleisch und Pesto. Zu viert aßen wir.
Bastian hatte gehört, dass das Länder Spiel zwischen Südafrika und dem Kongo nicht in Johannesburg, sondern in Polokwane ausgetragen würde. Schhöne Scheiße. Leider bestätigte sich das auf der Verbandsseite. Im Laufe des Abends wurden dann verschiedne Möglichkeiten durchdacht wie ich das Spiel doch noch gucken könne. Noch ohne Ergebnis, aber mit Delyns Versprechen, dass ich das Spiel sehen werde… Der Abend nahm dann auf der Couch ein gemütliches Ende.
Dienstag, 07.10.2014
Dieser Tag ist schnell zusammen gefasst. Rosey, die Nanny, machte Frühstück, so dass der Hunger früh gestillt war. Gegen Mittag gingen Delyn und ich dann in ein nahe gelegenes Restaurant weil wir dort mit Mbali verabredet waren. Mbali, ist der Freund der hier für die Presse arbeitet und uns die Tickets für das Orlando Match organisiert hatte. Mit ihm wollten wir besprechen, welche Möglichkeiten er sieht nach Polokwane zu kommen. Leider tauchte er nicht auf. Später kam raus, er hätte versucht uns zu erreichen. Aber mit dem Handy habe etwas nicht gestimmt. Wie auch immer… Delyn und ich gingen noch Zutaten für Spaghetti Carbonara einkaufen, denn dieser Länderpunkt stand auf dem Programm. Zuhause kochte ich dann für Rose, Delyn und mich mein Leibgericht. Ich klopfe mir selber auf die Schulter. Es war sehr lecker. Carbonara Länderpunkt 23 war ergessen worden. Den Tag über wurde dann abgegammelt. Delyn bat mich, ihr auf dem Weg zur Taxi-„Haltestelle“ Gesellschaft zu leisten, was ich natürlich tat. Plötzlich überkam mich aber eine Magen-Darm-Attacke vom Feinsten. Ich lief also keine Sekunde zu früh zurück, und… puh das war knapp… Ich erwähne das nur, weil halt sonst nicht viel passiert ist den ganzen Tag.
Am Abend kochte Delyn ein Hühnchengericht, das ebenfalls sehr mundete. Nach dem Essen suchte ich nach Bussen nach Polokwane und Unterkünften. Ich wurde fündig und buchte für Delyn und mich einen Kurztrip von Joburg nach Polokwane per Bus und einer Übernachtung in einer Lodge. Mit dem Wissen es zum Spiel zu schaffen ging ich beruhigt schlafen.
Mittwoch, 08.10.2014
Heute fuhren Delyn und ich mit dem Gautrain nach Pretoria. Dieser Zug wurde für die WM 2010 gebaut. Entsprechend modern und komfortabel ist dieser. Zuvor waren wir jedoch in Randburg und Sandton. Sandton ist eines der Luxusviertel von Johannesburg. Unfassbar der Kontrast zu Down Town. Hier ist es absolut sauber. Die Malls sind voll gepackt mit Luxusartikeln. In einem Laden in dem Delyn mal gearbeitet hat machten wir einen kleinen Zwischenstopp bei dem Delyn mit den alten Kollegen quatschte und ich mich ein wenig umschaute. Dabei sah ich eine Strickjacke für 2600,- Euro (zweitausendsechshundert). Heftig, heftig.
In Pretoria angekommen machte ich Fotos vom Bahnhofsvorplatz. Weil dort ein dicker Polizeiwagen stand fühlte ich mich eigentlich sicher. Plötzlich kamen aber zwei abgefuckte Typen auf mich zu und quatschten mich an. Ich verstand nicht wirklich was sie sagten, aber nett war es nicht. Delyn bemerkte das auch und schob mich in das, Gott sei Dank schon dort stehende Taxi. Die Beiden blieben aber hartnäckig und quatschten weiter rum und bettelten um zwei Rand. Ich war etwas verunsichert. Delyn redete mit denen Setswana, so dass ich gar nix mehr verstand. Irgendwann meldeten sich noch andere Insassen des Taxis zu Wort und machten die Situation für mich komplett unüberischtlich. Nach wenigern Minuten fuhr das Taxi Gott sei Dank los. Keine Ahnung wie gefährlich es wirklich war, beziehungsweise geworden wäre, wenn das Taxi nicht schon dort gestanden hätte. Delyn erzählte mir jedenfalls, dass die Gauner darum gebeten hatten mich „auszuliefern“, damit sie mir mein Zeug abnehmen können. Netterweise hat sie das verweigert. Wir stiegen dann noch ein Mal um in ein anders Taxi und fuhren mit diesem etwa zwanzig Minuten aus der Stadt raus, bis wir an einer Bushaltestelle ausstiegen, wo bereits ein Sohn von Delyns Cousine Jermina wartete, die wir besuchen wollten.
Wir liefen nun zu dritt durch die Hitze Pretorias bis wir nach fünfzehn Minuten in Jerminas Haus ankamen. „What do you want to drink?“ – „water, please!“ „What? No beer?“ That is an offence!“ … Na Gut. Dann halt Bier! … „Okay, beer is also fine!“ Wir watschelten nun zum Bottle-Store und holten zwei Sixpacks Hansa. Damit ging es auf den Balkon wo wir den ganzen Nachmittag im Schatten saßen und das Leben genossen. Jerminas kleiner Sohn und die Jungs aus der Nachbarschaft begeisterten sich für Kniffel auf meinem Handy. Deutsche Kultur im Herzen Afrikas In der Nachbarschaft wohnende Weiße kamen immer Mal wieder auf die Straße und guckten doof, was denn ein Weißer auf einem schwarzen Balkon zu suchen hat. Nicht in allen Köpfen sind die Rassenschranken zwanzig Jahre nach dem Ende der Apartheid offen. Im Laufe der Zeit trafen noch weitere Freundinnen von Jermina ein, so dass es immer lebhafter und lustiger wurde. Zwischendurch hatte jemand Biernachschub organisiert, so dass auch die Trinkerei kein Ende nahm. Für ein Mittwochnachmittag war das schon ordentlich. Irgendwoher hatten die Mädels eine Karre organisiert mit der sie uns, Delyn und mich, zum Bahnhof bringen wollten. Ich stieg vorne ein, guckte rüber und wer saß da am Steuer? Jermina, die den ganzen Tag gebechert hatte!!! Ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass alles gute gehen würde und krallte mich in meinen Sitz. Es ging alles gut. Am Bahnhof dauerte es nicht lange bis der Zug nach Rosebank kam. Dort holten wir in einem Chicken-Laden was zu futtern und an einer Bank 4000 Rand. Mit der Kohle wollte ich lieber mit einem „richtigen Taxi“ fahren. So waren wir auch schneller zu Hause. Es war fast zehn geworden, so dass wir bald alle pennen gingen.
Donnerstag, 09.10.2014
Weil ich meine Sonnenbrille in Pretoria vergessen hatte, was ja nicht so eine große Sensation ist, dass sowas passiert, fuhr Delyn heute noch mal dorthin um diese zu holen. Many Thanks. Ich verbrachte den Tag zu Hause mit Rosi und Rupert. Zum Mittagessen ging ich nach Linden und dort in das Lokal in dem ich am Dienstag schon mit Delyn auf Mbali gewartet hatte. Ich aß nen super-leckeres Sandwich mit Rinderfiletstreifen und Salat und einer Senfsauce. Weltklasse! Die Zeitung die ich dabei las, war voll mit Meldungen über irgendwelche Überfälle in Johannesburg. Kriminalität ist nach wie vor ein großes Problem in Südafrika. Jeden Tag werden hier knapp 45 Menschen ermordet. Das ist schon echt krass. Bei einem der Überfälle über die berichtet wurde, wurde zwar niemand ermordet, dem Opfer aber fast ein Arm abgehackt. Auch heftig.
Am Abend fuhren wir dann zu Roman, einem deutschen Freund meines Bruders. Auf der Terrasse seines Hauses, das wie fast jedes größere Haus in Südafrika von einer Mauer umgeben ist, die obendrauf zusätzlich mit einem Elektrischen Zaun gesichert ist, saßen wir beisammen und und redeten über Gott und die Welt. Roman hat auf seinem Grundstück noch zwei Wohnungen die er vermietet. Die Bewohner von diesen aßen zeitweise mit uns zusammen, so dass es nie langweilig wurde. Auch die zwei Hunde, Danger und Thandi (was „geliebt“ heißt) streunerten zwischen uns herum. Rupert grapschte denen angstfrei im Gesicht herum, wofür er als Dank abgeschleckt wurde. Hoffentlich geht das immer gut.
Nach ein paar Bieren war dann aber Feierabend und wir fuhren nach Hause.
Freitag, 10.10.2014
Heute startete das „Abenteuer“ Botswana. Botswana liegt nördlich von Südafrika und ist ein Binnestaat mit einer Fläche von 581,730 km², und damit knapp 235,000 km² größer als Deutschland. Allerdings leben hier nur 2,1 Millionen Menschen, 237,000 davon in der Hauptstadt Gaborone. Seit dem 30.09.1966 ist das Land unabhängig von Groß Britannien. Es gilt seit dem als Land mit geringer Korupptionsanfälligkeit und gut funktionierender Demokratie. Die Wirtschaft floriert, zumindest im Vergleich zu vielen anderen afrikanischen Staaten. Das sieht man auch daran, dass an vielen Stellen in Gaborone gebaut wird, beziehungsweise in den letzten Jahren gebaut wurde.
Ein großes Problem stellt aber auch hier AIDS dar. 23 Prozent der Erwachsenen sind infiziert. Hier muss sicherlich etwas passieren.
Grob geplant war eigentlich nur das Spiel am Abend gegen Ägypten und ein Besuch eines Game-Reserve. So werden die Wildparks genannt. Unsere anvisierte Abfahrtszeit von 07:00 Uhr verpassten wir deutlich, so dass es gegen viertel vor acht auf die Autobahn ging. Im Großraum Johannesburg-Pretoria kann man die Straßen auch nach europäischen Maßstäben so nennen. Aber je weiter man raus kommt umso mehr gleicht die Straße einer normalen Landstraße mit einer Spur in jede Richtung. Gut allerdings sind die sehr breiten Seitenstreifen, die von LKWs immer wieder genutzt werden um auszuweichen um Platz zum Überholen zu machen. Übertrieben allerdings, dass man für diese Straße auch noch Maut bezahlen muss.
Zunächst holten wir aber Rosey bei ihr zu Hause ab. Ihr Familie wohnt in einem Dorf auf dem Weg Richtung Botswana, so dass ihr unser Lift gelegen kam um mal wieder dort vor bei zuschauen. Ihr Zuhause ist eine Shack im Stadtteil Honeydew. Shack heisst Hütte. Und viel mehr ist ihr Heim auch nicht. Es war schon krass zu sehen, wie viele Menschen in Südafrika (und vielen andern Ländern) auch heute noch leben müssen. Die hygienischen Verhältnisse sind katastrophal. Unzählige Leute wohnen auf engem Raum zusammen. Direkt neben der Hütte von Rosey ist in einer anderen Hütte ein Kindergarten untergebracht. Hier können Kinder morgens gegen eine kleine Gebühr abgegeben werden, wenn die Eltern arbeiten müssen. Es ist beeindruckend wie glücklich und zufrieden diese Leute dennoch sind, weil sie das wenige was sie haben zu schätzen scheinen. Dennoch hat man den Eindruck, dass sie sich nach einem besseren Leben sehnen. Zusammen mit Rosey, die die ganze Zeit im Kofferraum Platz nahm, ging es dann auf oben beschriebene Straßen, bis wir sie in Zeerust verabschiedeten. Von hier aus ging es für sie per Taxi weiter in ihr Heimatdorf.
An der Grenze wurde zunächst das Auto gecheckt, soll heißen: Mein Bruder musste irgendwelche Papiere vorlegen, die belegten, dass er die Karre fahren darf, dass sie auf seine Firma zugelassen ist usw. Als das erledigt war mussten wir mit anderen Einreisenden in einen Raum mit mehreren Countern. Wir füllten eine Immigration-Reservation-Card aus, der Reisepass wurde abgestempelt und wir waren fast drin. Fast, weil mein Bruder hier dann doch noch eine Versicherung für das Auto abschließen musste. Auch in Botswana waren die Straßen nicht besser, aber auch nicht schlechter als in Südafrika. Vom Grenzübergang Tlokuueng bis in die Hauptstadt Gaborone sind es noch mal etwa zwanzig Kilometer. Dort kamen wir gegen drei Uhr an. Das wichtigste für mich, und dadurch auch für die anderen war es die Tickets zu besorgen. Mein Bruder glaubt zu wissen, wo es diese gibt. Nämlich in irgendeinem Laden dessen Namen mir entfallen ist. Hier aber Fehlanzeige. Man schickte uns weiter zu einem Laden, dessen Namen ich auch vergessen habe. Hier wusste man aber Bescheid: Karten gibt es bei Shoprite. Weil wir eh am Stadion vorbei kamen fragten wir auch hier nach. Die Ordner wussten nicht so richtig Bescheid, schickten uns aber weiter zum Verband. Hier gab es aber auch keine Karten. Erneut hieß hier die Angabe: Shoprite. Mit einigem Nachfragen den Laden gefunden, stockt mir der Atem: Es standen bestimmt einhundert Leute vor uns in der Reihe. Hätten sich die Einheimischen nicht mal früher mit Karten eindecken können? Ich fürchtete schon Ewigkeiten in der Schlange stehen zu müssen, da Afrikaner ja bekanntlich „die Zeit haben“, während wir „Europäer, die Uhr haben“. Aber meine Hoffnung, dass die genügend Karten im Voraus ausgedruckt haben, bestätigte sich, so dass es richtig zügig lief und wir nach etwa 10 Minuten unsere Karten hatten. Wir kauften vier Stück zu 20 Pula. Das sind etwa 1,68 Euro. Afrika hin oder her, aber ein Länderspiel für 1,68 Euro ist schon krass billig. Als nächstes holten wir ein paar Bier und andere Getränke, was auch in Botswana nur in speziellen Läden mit spezieller Lizenz geht. Nun hatten wir Zeit uns eine Unterkunft zu suchen. Wir wurden fündig in der Planet Lodge, etwas außerhalb. Die war zwar nicht ganz billig (etwa 30 Euro pro Person/Nacht), dafür aber sehr schön und komfortabel eingerichtet im altkolonialistischen Stil, gemixt mit afrikanischen Elementen. Nach dem sich alle schnell frisch gemacht hatten, ging es zum Stadion zurück. Es war kurz nach fünf. Eigentlich hätte um 18:30 Uhr Anstoß sein sollen. Auf den Tickets stand aber nun „beginn“ 18:00 Uhr. Hieß das nun „gates open“ oder „kick off“ 18:00 Uhr. Ich ging vorsichtshalber von letzterem aus und machte Druck. Das nervte meine Familie etwas. Kann ich ja verstehen, aber ich bin halt Europäer und habe die Uhr, nicht die Zeit. Wir konnten ziemlich nah am Stadion parken und fanden Dank der konkreten Angabe eines Polizisten auch schnell den richtigen Eingang.
Botswana v Ägypten 0:2
Africa Cup of Nations – Quallifier
10.10.2014 – 18:30 Uhr
Nationam Stadium of Botswana
Ich freute mich wie Bolle es geschafft zu haben, da sank meine Laune für kurze zeit wieder in den Keller: Die Dame am Eingang zerriss mein Ticket in mehrere Einzelteil und schmiss diese in den Müll. Meine Bitte, dies beim nächsten Ticket nicht zu tun, damit ich es für meine Sammlung aufheben kann, wurde mit einem „No!“ verweigert. Auch Erklärungen und das Bitten meines Bruders und seiner Freundin blieben sowohl von der Abreißerin als auch von einer „Oberordnerin“ unerhört.
Sinn der ganzen Sache war es, zu verhindern, dass Tickets durch den Zaun gegeben werden um erneut Leuten Einlass zu verschaffen. Ist ja verständlich. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass die einfach die Anweisung, dass Ticket an der perforierten Linie abzureißen falsch verstanden haben. Statt wie normal den dafür vorgesehenen Teil zum Entwerten abzutrennen, wurde halt kurzerhand das ganze Ticket zerstört. Die Idee einfach ein Ticket unbeschadet unter den Tisch zu legen um es mir nach dem Spiel auszuhändigen wurde mit: „Mal gucken!“ beantwortet. Delyn und mein Bruder beruhigten mich damit, ich solle mich nicht aufregen, ich sei in Afrika. Das würde schon klappen… Na gut.
Das Nationalstadion von Botswana ist ein Allseater. Es bietet eine überdachte Haupttribüne, eine unüberdachte Gegentribüne und hinter den Toren jeweils drei Blöcke mit Lücken dazwischen. Etwas eigenwillig, aber ganz nett. Das Spiel dominierten die Ägypter über die gesamten 90 Minuten. Botswana kam nur selten und dann meist ungefährlich vor das Tor der Araber. Die Tore für die Nordafrikaner fielen dann relativ spät aber verdient in der zweiten Halbzeit. Stimmungsmäßig gab es ein paar Vuvuzelas, ansonsten überall kleiner und größere Gruppen von tanzenden und singenden Leuten. Wenn ich singen schreibe, darf man sich das aber nicht vorstellen wie in Europa. Es wird viel mehr miteinander gesungen, als Schlachtgesänge gen Spielfeld geschleudert.
Als ich mit Delyn in der Halbzeitpause was zu trinken holen wollte, drängten sich zwei Typen unangenehm auf. Delyn blies zum Rückzug, da ihr die Sache zu heikel wurde. Übertrieben? Mit Nichten: fragt mal zwei Hopper, die kürzlich in Südafrika waren nach ihren Handys… Mein Bruder tauchte allerdings von irgendwo auf und drückte mir eine unbeschädigte Eintrittskarte in die Hand. So war der Tag dann gerettet. Fast. Der Spaghetti Carbonara Länderpunkt fehlte noch. Die einzige Möglichkeit, die ich im Vorfeld recherchieren konnte war ein Laden namens Primmi Piati in der Riverwalk Mall. Delyn und Bastian hatten diesen Laden vorher einhellig als „shit place“ bezeichnet. Als wir an der Mall ankamen, gab es diesen auch gar nicht mehr. Für den Moment gab ich auf und wir entschieden uns für ein brasilianisches Restaurant namens Rodizo. Eine gute Wahl. Top Service und leckeres Essen. Nett ist hier, dass, wie in fast allen anderen Restaurants in Afrika auch, die Kellner der Mama das Baby abnehmen und es umhertragen, damit auch Mama mal essen kann.
Nach dem Abendessen ging es zurück in die Lodge und nach einem letzten Bier in die Heia. Länderpunkt 41 - Check.
Samstag, 11.10.2014
Zum Frühstück bestellten wir uns ein „full english breakfast“. Leider! Denn es war sein Geld nicht wert. Ein, zwei Toast vom im Preis inkludierten „continental Frühstück“ hätten es auch getan. Wir bestätigtem der Lodge, dass wir auch die zweite Nacht bleiben würden, so dass wir alles auf den Zimmern lassen konnten. Wir fuhren kurz in die Stadt und kauften allen möglichen Kram ein. Unter anderem Nüsse! Ich kaute später auf einer handvoll Nüsse rum, als eine davon so hart war, dass ich dachte mir würden die Zähne ausfallen. Im selben Moment wurde mir klar, dass es keine Nuss war, sondern tatsächlich einer meiner Zähne. Oder zumindest die Krone eines Zahnes. Was ne Scheisse! Aber da der betroffene Zahn eh „tot“ war, würde er nicht schmerzen. Ich verpackte also die Krone so gut ich konnte und packte sie weg. Darum würde ich mich erst wieder in Deutschland kümmern. Heute wollten wir Tiere sehen. Als erstes wurde das Mokoloko Nature Reserve angesteuert. Einem knapp 50 km² großem Reservat, das viele große und kleine Tiere beherbergt. Allerdings darf man hier nicht mit dem eigenen Auto rein. Eine geführte, zweistündige Tour kostete 150 Pula. Das war uns zu doof. Zu mal die nächste Tour erst in zwei Stunden starten würde. Wir fuhren stattdessen zum Gaborone-Game-Reserve. Dieses kostete pro Person 10 Pula plus 10 für das Auto. Eine gewaltige Ersparnis also. Hier war das größte Tier zwar das Zebra, aber was soll es. Mein Bruder steuerte unseren Nissan-Pick-Up durch die Wildnis und so bekamen wir Zebras, Impalas, Wildschweine, Affen, allerlei Vögel, Erdmännchen und ein paar andere Tiere zu sehen. Alles in allem war es die richtige Entscheidung sich für dieses Reserve zu entscheiden. Weil wir alles ziemlich platt waren von Hitze und Reiserei entschieden wir uns für ne Auszeit auf den Zimmern in der Lodge. Das tat dann auch ganz gut. Ich wollte aber noch aus Prinzip den Pool besuchen, der im Garten der Lodge war. Ich traf mich daher dort mit Delyn nach 1,5 Stunden Rast. Ich sprang ins kühle Nass und nahm zum Plantschen Rupert, der Wasser schon immer mochte, auf den Arm. Auch jetzt quiekte er vor Vergnügen, obwohl das Wasser relativ kalt war. Delyn machte auch paar Fotos. Dummerweise hatte ich vergessen, die Speicherkarte zurück in die Kamera zu stecken, so dass es doch keine Fotos gab.
Gegen sieben fuhren wir noch mal in die Stadt um ein italienisches Restaurant zu suchen. Leider wurden wir nicht fündig. Der Carbonara-Länderpunkt rückte damit in weite Ferne. Aber MacDonalds-LP kann ja jeder… Letztlich aßen wir in einem Steakhaus. Hier gab es sogar Pasta, aber halt keine Carbonara. Rupert fing irgendwann an unruhig zu werden, weshalb wir schnell aufaßen und in die Lodge fuhren. An der Poolbar gab es noch ein Bierchen, dann war Schlafenszeit.
Sonntag, 12.10.2014
Nach dem Frühstück, diesmal nur „Continental“ ging es zunächst noch mal kurz in die Stadt um ein paar Kleinigkeiten für die Rückfahrt einzukaufen. Ich machte aus dem Auto heraus noch ein paar Fotos von Gaborona. Plötzlich bemerkte ich, dass ich den Zimmerschlüssel noch in der Hosentasche hatte. So fuhren wir noch einmal zur Lodge um diesen abzugeben. Dann brachen wir gen Johannesburg auf. Nun begann der Kampf mit Rupert. Der schrie nämlich wie am Spieß, weil er nicht einsehen wollte im Kindersitz zu sitzen. Zwei, drei Mal war er kurz davor aufzugeben, entschied sich aber weiter zu brüllen. Nach einer halben Stunde hatte er gewonnen. Delyn nahm ihn auf Bitten meines Bruders raus und gab „Titty“. Danach war erstmal Ruhe. Der Grenzübergang verlief ähnlich reibungslos wie auf der Hinfahrt. Den nächsten Stopp legten wir in einem Dorf ein, das so klein ist, dass ich es auf google-maps nicht fand, sondern erst in einem Atlas für Südafrika. Es hieß Lekubo. Hier war man buchstäblich im Nix. Nur die Hauptstraße sorgt halt ein wenig für Unterhaltung. Ich kann mir nicht vorstellen wie man hier lebt… Kurios: Auch in diesem Nix lief uns einer im Deutschland-Trikot entgegen. Leider auf der andern Straßenseite, sonst hätte ich ein Foto mit dem gemacht. In einem „Supermarkt“ kauften wir Chips und was zu trinken. Supermarkt muss man sich so vorstellen: Eine gemauerter Raum von etwa 15m² von welchem etwa 11m² durch Gitter abgetrennt sind. Hinter diesen Gittern befinden sich die Waren und der Verkäufer. Durch ein Fenster in den Gittern werden dann Waren gegen Geld getauscht.
Unterwegs aßen wir dann noch an einer Tankstelle in Zeerust Beefcurry mit Papp. Papp ist ein Maisbrei ähnliches Zeug, das ebenso geschmacklos ist, wie typisch afrikanisch.
Danach ging es dann nur mit einer Pinkelpause weiter bis nach Hause. Dort gingen alle recht bald in die Kiste.
Montag, 13.10.2014
Wir hatten einige Ideen was wir heut machen könnten. Unter anderem das Apartheidmuseum, und das Carlton Center, ein 220 m hohes Hochhaus könnte besucht werden. Aber irgendwie konnten wir uns nicht einigen und / oder waren zu faul für das eine wie das andere. Wir gingen daher in den „Bowling Club“ in Zoolake. Das ist eine Kneipe in einem Park gelegen mit günstigem und gutem Essen und natürlich Bier. Hier hielten wir uns einige Zeit auf, aßen und tranken. Roman kam auch vorbei, später saß noch ein Fremder bei uns am Tisch mit dem wir uns auch nett unterhielten. Ein richtig geselliger Laden. Sogar der südafrikanische Fim- und Fernsehschauspieler Jamie Bartlett tauchte auf. Zugegeben: ich kannte den nicht. Ein Foto habe ich trotzdem mal mit dem gemacht. Kann ja nicht schaden.
Wir ließen den Abend dann bei Roman auf der Terrasse ausklingen. Der heutige Tag hatte richtig was von Urlaub.
Dienstag, 14.10.2014
Delyn hatte mittags einen Termin in Town, so dass sie schon gegen 10 Uhr aufbrach. Ich las ein wenig und spielte mit Rupert. Gegen Mittag ging ich den kurzen Weg ins „Zentrum“ von Linden und aß dort ein geiles Sandwich mit Rinderfiletstreifen, Ruccolasalat und Senfsauce. Weltklasse. Wieder zuhause rief mich mein Bruder an, er könne mich jetzt abholen und mir dann seine Firma zeigen. Die „Bäckerei“ ist eine regelrechte Backwarenfabrik. Riesige Mischmaschinen, Backöfen und Fließbänder für die Schokoladenherstellung. Gut oder schade, dass ich hier nicht arbeite… J
Am Abend kochte Delyn noch ein ordentlich scharfes Curry. Gott sei Dank hatten wir kein Chilli mehr im Haus, denn auch so war das Zeug scharf genug.
Mittwoch, 15.10.2014
Früh ging es für Delyn und mich gegen kurz nach sieben los per Minibustaxi zur Park-Station in Johannesburgs Town. Der Trip nach Polokwane, auch Pietersburg genannt, in der Provinz Limpopo Am Schalter wurden uns gegen Vorlage der Referenznummer die Tickets für Hin- und Rückfahrt ausgehändigt. Wir mussten dann etwas suchen um unsere Abfahrtsstelle zu finden, denn diese war in der hinterletzten Ecke der recht großen Bahnhofs-Busbahnhofskomplexes. Nun passierte das, was die Afrikaner und Europäer mit Afrika-Erfahrung gemeinhin als T.I.A bezeichnen: This is Africa! Soll heißen der Bus kam nicht! Sollte er eigentlich um 08:00Uhr abfahren, wurde es 08:10, 20, 30 usw. Während dessen sprangen immer wieder „fliegende Händler“ mit allen Möglichen Waren rum: Uhren, Gürtel, Knabberkram, Getränke, Hemden, Schmuck, Spielzeugpistolen und, und, und. Mit einer dieser Spielzeugpistolen spielte ein Junge neben uns die ganze Zeit rum, was ich in etwa so anhörte: düldeldüldeldüldeldüldeldüldeldüldel-piupiupiu, ratterratterratetr-tschiotschiotschio… naja, ihr wisst was ich meine. Ich betete jedenfalls zu allen afrikanischen und europäischen Göttern, dass der Knabe in einen anderen Bus einsteigen würde… was er dann auch tat. Gegen 08:30 Uhr kam unser Bus, doch anstatt, dass alle zügig einsteigen, das Gepäck verladen wird und es auf die Bahn ging, wurde weiter gewartet, obwohl man ja eh schon ne halbe Stunde Verspätung hatte. Die Afrikaner hatten dabei eine unfassbare Ruhe. Daran muss man sich als „echter Deutscher“, der auf Pünktlichkeit und solche Sachen steht echt gewöhnen. Gegen 08:50 Uhr ging es dann los. Dachte ich jedenfalls. 50 Meter weiter wurde nämlich noch mal gehalten, so dass auch hier noch mal ein paar Leute zusteigen konnten. Zudem wurde der Bus gescannt, wie Delyn mir erklärte. Als der Scan (nach was auch immer) dann fertig war, ging es um 09:10 Uhr endlich wirklich los. Im Bus neben uns saß ein junger Mann der etwa 40 bis 50 kleine Südafrika-Fahnen dabei hatte. Diese wollte er vor dem Spiel verkaufen. Wir nahmen zwei für 30 Rand. Nach einer etwa vierstündigen Fahrt kamen wir in Polokwane an. Direkt wurden wir von abgerissenen Leuten umlagert, die Business machen wollten in dem sie unser Gepäck mit ihren Trollis beförderten. Ich sagte „no thanks“ und deutete auf Delyn und sagte „ask her!“ Später erzählte mir Delyn die hätten sie angesprochen und gesagt, ich hätte gesagt, dass ich zahlen würde… Das die versuchen Geld zu verdienen ist ja gut und schön, aber diese Penetranz ist echt nervig, und wenn die dann auch noch dreist rum lügen wird es echt frech. Blöd an der ganzen Sache war aber vor allem, dass wir nun direkt als Frau von Welt und weißer Touri aufgefallen waren. Entsprechend wurden wir beäugt und wohl auch verfolgt. Dankenswerterweise hat uns aber der Fahnenverkäufer aus dem Bus begleitet, so dass wir keine leichten und letztlich gar keine Opfer eines Überfalls wurden. Mit einigem Nachfragen fanden wir den Taxirank an dem die Taxen nach Flora Park abfuhren, dem Stadtteil in welchem unsere Lodge war. Die Taxifahrt dauerte relativ lange, auch weil der Fahrer an jeder potentiellen Haltestelle ewig rum stand und wild drauf loshupte, in der Hoffnung, dass doch noch jemand zusteigen würde, obwohl schon alle Anwesenden abgewunken hatten. Von der Kreuzung wo der Fahrer uns schließlich rauswarf, waren es nur noch 100 Meter bis zu einem Haus an dem „Lodge“ stand. Wir klingelten und warteten. Ein Mann, mitte 60 kam und guckte skeptisch, fragte aber schließlich was wir wollten. „Wir haben eine Buchung!“ Dummerweise wussten wir weder über welches Portal (irgendwas über google halt) noch auf welchen Namen, Ndungwane oder Eversmann, ich gebucht hatte. Das war mir entfallen. Zugegebenermaßen erweckt das nicht unbedingt Vertrauen. Er ging rein und kam wieder, als er unsere Buchung gefunden hatte. Er führte uns um sein Haus in den Garten, wo ein kleines Holzhaus stand. Die Südafrikaner nennen diese Häuser wohl „Wendy-House“. Es hatte zwei Schlafzimmer mit je zwei getrennten Betten, eine kleine Wohnstube mit Ein-Platten-Herd, Mikrowelle, Spülbecken und Kühlschrank. Zu dem gab es ein kleines Badezimmer. Für 16 Euro pro Person und Nacht sicherlich mehr als fair. Zumal alles frisch und sauber war. Ein Supermarkt war auch fußläufig erreichbar. Tiptop! Wir gingen einkaufen: Kartoffelsalat, Nudelsalat, Bohnensalat, Bratwurst und Hähnchenschenkel und zwei Sixpacks Bier. Einem zünftigern Abendessen stand also nix mehr im Wege.
Nach dem Essen wollten wir uns mit Mbali, Delyn Freund von der Presse an der Mall treffen, wo wir zuvor einkaufen waren. Das klappte erst mal nicht, weil die beiden irgendwie aneinander vorbeigeredet hatten und unterschiedliche Malls gemeint hatten. Dadurch verzögerte sich unsere „Abfahrt“ zum Stadion enorm. Gegen 18:30 Uhr traf er dann nach einigen Telefonaten doch ein. Jedenfalls war durch das Hickhack genug Zeit gewesen um ein Zwibier umzuschnallen. Doch anstatt nun direkt zum Stadion zu fahren, fuhren wir erst noch in einen Laden, der eine Mischung aus Pub und Club war. Dort gaben wir das Auto ab mit dem Mbali uns abgeholt hatte, tranken ein Bier um dann mit einem anderen, Mbalis eigenem, Auto zum Stadion aufzubrechen. Es war inzwischen zehn nach sieben. Wäre Mbali nicht Journalist, der ja beim Kickoff im Stadion sein muss, hätte mich die Nervosität aufgefressen. Durch den Anfahrtsstau näherten wir uns dem Ground. Mbali meinte dann auf ein Mal ganz beiläufig, „oh, I missed our turn“… also drei Mal abgebogen und schon standen wir im selben Anfahrtsstau wir vor 20 Minuten. Nur eben mit diesen zwanzig Minuten weniger auf der Uhr. Da war mir klar: Journalist hin oder her: Den Abpfiff können wir abhaken! Noch mehr bedauerte ich aber die Tatsache, dass ich die wunderschöne südafrikanische Nationalhynme nicht im Stadion würde hören/sehen können. Um 19:59 Uhr parkte Mabli die Karre auf dem Presseparkplatz (krass da mal „legal“ zu stehen). Delyn und ich mussten nun noch eine viertel Runde um den Ground drehen, durch die Einlasskontrollen und in den Block. Als ich rein kam lief die zweite Minute. Schade, dass es nicht ganz gereicht hat, aber es war dann doch noch knapper als ich zwischenzeitlich befürchtet hatte…
Das Stadion ist ein richtiges Moped. 2010 wurde auch hier WM gespielt, Bilder dürftet ihr daher im Netz genügend finden, so dass ich mir eine Beschreibung spare.
Die Stimmung war anfangs ganz gut. Die Nationalhymne hatte ich ja leider verpasst, aber besonders als das ganze Stadion nach etwa zehn Minuten Shosholoza sang bekam ich eine Gänsehaut. Shosholoza ist ein Lied aus den späten 50er Jahren des letzten Jahrhunderts und bedeutet so was wie „Mutig nach vorne schauen“. Es wurde meist von Minenarbeitern im damaligen Rhodesien gesungen. Leider flachte die Stimmung dann aber auch ab. Vielleicht lag es am Regen, der nun immer stärker vom Himmel fiel. Mitte der zweiten Halbzeit rummste es plötzlich dermaßen laut, dass ich dachte ich falle um. Vermutlich irgendwo außerhalb des Stadions war der Blitz eingeschlagen…. Den Schiri juckte das wenig.
Der Regen wurde immer heftiger und wir da durch immer nasser. Ein Dach fehlte nämlich. Das Spiel selber erwärmte auch nicht wirklich. Südafrika wäre mit einem Sieg durch gewesen, spielte aber nur 0 zu 0 weil es vor dem Tor einfach zu ungefährlich war. Knapp drei Wochen später sieht die Welt in Südafrika etwas anders aus: Besonders schlimm ist, dass der Nationaltorwart der Südafrikaner Senzo Meyiwa bei einem Raubüberfall im Haus seiner Freundin erschossen wurde. Die genauen Umstände sind noch unklar. Spekulationen spare ich mir an dieser Stelle. Zudem hat Marokko heute (am 09.11.2014) darüber informiert, dass es wegen Ebola auf die Ausrichtung des Afrika-Cups 2015 verzichtet. Wer der neue Gastgeber wird, bzw. ob das Turnier überhaupt ausgetragen wird, steht derzeit noch in den Sternen. Hoffen wir, dass die Welt die Ebola-Katastrophe in den Griff bekommt.
Zurück zum Geschehen… Delyn und ich hatten uns entschieden, mit Mbali direkt nach dem Spiel zurück nach Johannesburg zu fahren. Dafür mussten wir ihn aber natürlich erst mal treffen. Das war komplizierter als gedacht, da Delyns Handy leer war. Anrufe mit meinem kosten ein Schweinegeld, weshalb das nur im Notfall benutzt werden sollte. Nun war aber einer. Also sprach Delyn kurz mit Mbali und machte einen Treffpunkt aus. Auf dem Weg zu diesem passierten wir dann ungehindert diverse Sicherheitspunkte und landeten schließlich im Tunnel, über den die Mannschaftsbusse ins Stadion fuhren. Hier werkelten die Mitarbeiter der TV-Übertragung. Sie rollten Kabel ein, schleppten Kameras von A nach B und so weiter. Nach einer gefühlten Ewigkeit traf endlich Mbali ein. Wir fuhren zu unserer Lodge, Mbali noch mal kurz weiter woanders hin. In der Zwischenzeit packten wir unsere Sachen.
Donnerstag, 16.10.2014
Um kurz nach 0 Uhr holte uns Mbali wieder ab. Wir pesten nun durch die südafrikanische Nacht. Ich saß auf der Rückbank und schlief irgendwann ein. Gegen 03:30 Uhr erreichen wir Johannesburg. Ich haute mich direkt auf die Couch im Wohnzimmer (mein Zimmer war durch Rose belegt) und ratzte weg, bis mich um 06:00 Uhr die Familie weckte… Nach einer Dusche und einem kleinen Frühstück ging ich dann in meinem Zimmer noch ein, zwei Stunden Schlaf nachholen.
Bis zum Abend passierte nichts Bewegendes. Weil mein Bruder am nächsten Tag auf eine Dienstreise musste, die über meinen Aufenthalt hinaus ging wollten wir am letzten gemeinsamen Abend noch mal schön essen gehen. Wir entschieden uns für ein Restaurant im typisch afrikanischen Stil mit allerlei Fleischsorten. Es war herrlich. Man saß am Tisch bekam eine Vorsuppe und anschließend diverse Saucen und Dipps auf den Tischgestellt. Dann kamen im Minutentakt die Kellner vorbei und schnitten das Fleisch direkt vom Spieß auf den Teller. So kam ich in den Genuss von Wildschwein, Schwein, Zebra, Rind, Kudu, Krokodil, Chicken und noch ein, zwei anderer Sorten. Das tolle Ambiente rundete den Abend ab.
Wieder zu Hause ging ich direkt wieder pennen. Die Vornacht schlauchte doch noch gewaltig.
Freitag, 17.10.2014
Nach dem mein Bruder nach dem Frühstück gen Namibia aufgebrochen war, lungerte ich ein wenig auf dem Balkon rum und las in meinem Buch. Der Tag wurde noch mal als Urlaub gestaltet. Lustig bloß, als ich im www irgendwann eine Nachricht fand, dass man wohl in einem Restaurant in Nigeria Menschenfleisch und abgetrennte Köpfe gefunden hätte. Als ich dies Delyn erzählte ging eine kleine Diskussion um Kannibalismus los. Delyn sagte, in Afrika hätte es niemals „Menschenfresser“ gegeben. Wie dem auch sei… Ich erzählte die Geschichte vom Kannibalen von Rotenburg, die Delyn mir fast nicht geglaubt hätte. Der Penisfresser war aber bekannt genug, um auch in englischsprachigen Zeitungen, bzw. dessen Online-Ausgaben aufzutauchen. Kopfschütteln war das Ergebnis. Die nächste Story von einem uruguayanischen Rugby-Team, das auf dem Weg nach Chile in den Anden abstürzt konnte Delyn dann nicht mehr schocken. Die überlebenden Spieler waren irgendwann gezwungen das Fleisch ihrer toten Kameraden zu essen… Ziemlich krass. Das ganze wurde unter dem Titel „Überleben“ verfilmt. Da ja vielleicht jemand den Film gucken will, verrate ich hier nicht mehr.
Zum Dinner gab es übrigens was veganes. Nudeln mit Knoblauch und Olivenöl. Dazu Parmesankäse. Käse? Verdammt – ist ja gar nicht vegan! Gut, dass ich mich dem Quatsch nicht verschrieben habe…
Samstag, 18.10.2014
Delyn, Rupert und ich fuhren per Gautrain nach Pretoria. Ein Doppler stand an. Delyn hatte mich gefragt, ob es okay für mich wäre, wenn nicht sie, sondern Khotsatso, der Sohn von Jermina, mich zu den Spielen begleiten würde. Ich hatte nichts dagegen. In Pretoria fuhren wir diesmal nicht nach Town sondern bis zur Endstation Hatfield. Leider konnte uns niemand abholen, so dass es uns 250 Rand kostete um per Taxi zu Jerminas Haus zu kommen. Nach einem schnellen Glas Wasser, fuhr uns ein Freund der Familie zum Taxi-Rank. In Town mussten wir einmal umsteigen in ein anderes Mini-Bus-Taxi. Dieser brachte uns nach Hatfield, wo das Tuks-Stadium ist. Hätte ich mich mit Khotsatso auch direkt dort treffen können. Sei es drum. Wir hatten nun noch ne viertel Stunde zu laufen, dann kamen wir am Stadion an.
University of Pretoria FC v Super Sport United 0:3
Premier Soccer League
18.10.2014 – 15:30 Uhr
Tuks-Stadium
Es lief die dritte Minute, „so we almost made it in time“, wie Katso süffisant kommentierte. Die Eintrittskarten hatte ich im Internet bestellt und am Morgen auf dem Weg zum Zug in einem Internetcafe und ausgedruckt. Das war auch gut so, denn zu Kaufen gab es „am gate“ keine. Ziemlich sinnlos, bin ich mir doch sicher, dass sich viele Leute vielleicht spontan entscheiden würde noch zu gehen, wenn es welche zu kaufen gäbe.
Das Stadion ist ganz ansehnlich: Ne recht dicke Haupttribüne mit Überdachung und ne Gegengerade auf der Rückseite der Haupttribüne eines direkt anliegenden weiteren Stadion. Kann man schwer beschreiben. Dummerweise hatte mein Akku den Geist aufgegeben, so dass ich keine Fotos machen konnte. Meine Kamera hatte ich aus Sicherheitsgründen zu Hause gelassen. Im Nachhinein vermutlich unnötig. Aber wer weiß das vorher schon. Schließlich war es am Mittwoch der Vorwoche in Town ja wegen der Kamera brenzlig geworden.
Das Spiel war nicht dolle und plätscherte so vor sich hin. SuperSport war aber klar besser und scorte kurz vor der Pause zum 0:2. In der zweiten Hälfte waren die Studenten (die wohl in Wahrheit gar keine sind) zwar bemüht aber erfolglos. Am Ende stand es 0:3. Gefeiert wurde das von etwa 50 Leuten die sich den Gästen nahe fühlten. Hierbei sei gesagt, dass auch SuperSport ein Team aus Pretoria ist. Da aber das Heimteam keine Fans hinter sich hatte, war das, was wir unter Derbystimmung verstehen nie aufgekommen.
Nun hatten wir knapp 45 Minuten Zeit die circa 3,5 Kilometer zum nächsten Stadion und Spiel zu kommen…
Mamelodi Sundowns v Bidvest Vids 0:0
Premier Soccer League - 8. Spieltag
18.10.2014 – 18:00 Uhr
Loftus Versfeld – Stadium
Wir mussten erst wieder ein ganzes Stück zu Fuß gehen bis wir am Taxi-Rank waren. Das hatte knapp 20 Minuten gedauert. Bis wir das richtige Taxi gefunden hatten, waren weitere fünf Minuten vergangen. Mir war eigentlich klar, dass dieses Spiel von allen das war, wo es am unwahrscheinlichsten ist, dass ich es pünktlich zum Anstoß schaffen würde, daher war ich ruhig und harrte der Dinge die da kommen. Erschwerend kam hinzu, dass wir noch keine Tickets hatten. Eine Anfrage Tickets zu hinterlegen war unbeantwortet geblieben. Und Tickets am Gate gibt es in Südafrika ja eher selten. Das hieße, dass wir wieder vom Stadion weg müssten, zu einem Shoprite um Tickets zu bekommen. Wo der nächste Shoprite war wussten wir natürlich auch nicht. Ziemlich blöd alles. Nun saßen wir im Taxi und der fuhr nicht los. Minuten lang nicht… Boaaaahhh. Dann, plötzlich, wurde der Motor gestartet und… gewartet. Worauf? Keine Ahnung! Irgendwann ging es aber los. Bevor ich fragen konnte wie weit es noch ist, standen wir schon vor dem Stadion. Was für ein geiles Teil, schon von außen ein Traum. Doch zunächst brauchen wir Tickets, und siehe da! Die Kassen sind geöffnet. Schnell zwei Tix für je 40 Rand geordert und los. Khotstato verstand meine Hektik nicht. Egal. Er blieb kurz hinter mir. Als ich ins innere des Stadions kam, sah ich, dass die Teams sich gerade zum Winken aufstellten. Puhh! Geschafft! Unfassbar. Wir sanken in unsere frei gewählten Sitze und ich seufzte erleichtert.
Das Innere Stadion ist noch mehr Moped als das Äußere. Zwei richtig fette Tribünen auf den Längsseiten mit je zwei Rängen und Dächern drüber, sowie je fünf kleine Ränge hinter den Toren, die (leider) teilweise für VIPs reserviert sind. Absolut geil. Nicht umsonst wurde hier 2010 WM gespielt.
Leider waren heute nur 7000 Leute im Stadion. Und die machten noch nicht mal sonderlich tollte Stimmung. Die eine oder andere Vuvuzela wurde getrötet oder als Schlaginstrument auf den Vordersitz missbraucht, wenn mal wieder ne Chance vergeben wurde. Ein kleiner Stimmungsbock blieb meist still. Ob sich nun die Stimmung dem Spiel anpasste oder umgekehrt weiß ich nicht. Jedenfalls war auch das Spiel kacke, und endete entsprechend 0:0.
Nach dem Spiel warteten wir gute 20 Minuten auf ein von Jermina organisiertes „Privattatxi“. Als das dann kam ging es durch das dunkle Pretoria heimwärts. Im Haus von Jermina waren noch ein paar Gäste mit welchen ich noch ein zwei, drei Bier trank. Dann wurden die Betten gemacht und sich hingehauen.
Sonntag, 19.10.2014
Der Sonntag ist der Tag des Herrn. Auch in Südafrika. Daher sollte/durfte ich heute mit in die Kirche gehen. Ich hatte keine Ahnung was das genau da auf mich zukam. Gegen 10 Uhr wurden wir abgeholt und in eine Lodge gefahren. Dort war ein Raum angemietet worden. Hier drin standen ein paar Stühle, ein Keyboard, ein paar Plakate – das war es. Das war die Kirche. Versteht mich nicht falsch! Ich fand das toll. Es war ein simpler Raum, nur spiritualisiert durch die Reden des Pfarrers und den Gesang der Gläubigen. Zugegeben: ich kann mit Religion ja nicht so viel anfangen. Noch weniger allerdings mit der Institution Kirche wie wir sie in Europa kennen, mit all ihrem unnötigen Prunk. Und daher fand ich diesen Gottesdienst durch aus sympathisch. Eben kein Prunk, kein goldener Altar, keine teure Stola oder sonstiger Schnikschnak. Einfach nur die Liebe der Gläubigen zu Gott. Als Gast aus dem fernen Deutschland war ich so was wie eine kleine Sensation. Daher musste ich mich mitten während des Gottesdienstes vorstellen und sagen was ich von Südafrika halte. Ansonsten wurde vom Pfarrer eine Geschichte erzählt, gesungen und gebetet, bzw. gebetet in dem gesungen wurde.
Nach dem Gottesdienst bekamen wir noch kalte Getränke und Chips gereicht, dann fuhren wir zurück zu Jermina. Dort gab es noch ein großes Mahl und am späten Nachmittag brachte uns ein Bekannter Jerminas zurück nach Hatfield. Mit dem Zug ging es nach Rosebank und von dort mit einem Bekannten von Delyn nach Hause. Dort wurde der Abend auf der Couch verbracht bevor es in die Kiste ging. Ein tolles Wochenende ging damit zu Ende.
Montag, 20.10.2014
Tag der Abreise. Schade, aber irgendwie freute ich mich auch auf meine Heimat, mein eigenes Bett und darauf mich frei bewegen zu können. Selbst wenn es in Südafrika nicht überall gefährlich ist, hatte ich dennoch ständig das Gefühl aufpassen zu müssen. Das habe ich in Deutschland nicht. Mitgenommen hätte ich gerne das Wetter und meinen Neffen. Aber da Bruder, Schwägerin und Neffe ja im Dezember eh kommen, verzichtete ich darauf Rupert ins Handgepäck zu packen.
Rose wusch und bügelte am Morgen noch mal meine ganze Wäsche. Toll, dann brauch ich das zu Hause nicht zu machen. Mein Flug gen Kairo sollte um 21:45 Uhr starten. Plan war daher gegen 19 Uhr am Airport zu sein. Roman holte mich um 17:45 Uhr ab. Ich nahm Abschied von Rose und Rupert, Delyn kam noch mal mit nach Rosebank, wo der Express-Gautrain zum Airport abfährt. Direkt neben dem Bahnhof wurde ich entladen. Tschöö Roman, tschöö Delyn. Der Urlaub bei euch war super… Wir sehen uns in zwei Monaten.
Der Garutrain brauchte mich dann schnell zum OR Tambo Airport. Für Henryk, einen Magdeburger Kollegen, hatte ich am Samstag noch ne Mamelodi Sundowns –Fahne ergattert. Er hatte mich gebeten ihm ne Kleinigkeit für „an die Wand zu hängen“ mitzubringen. Diese Fahne war nun mit Klebeband an meiner Tasche befestigt, was der Sicherheitsmokel aber bemängelte. Also Fahne abgemacht und in den Rucksack gesteckt, so dass die natürlich oben rausguckte. Deshalb drehte ich mich ständig um, um zu gucken ob das Dingen noch da ist. Ich checkte ein und regte mich zunächst auf, dass der Typ mit einen Platz in der Mitte der Mittelreihe gegeben hatte. Später stellte sich das aber als super raus.
Ich streifte noch durch die Duty-free-Shops und kaufte ein paar Kleinigkeiten, dann aß ich was und ging zum Gate. Hier hingen unfassbar wenige Menschen rum, so dass meine Hoffnung auf ein leeres Flugzeug und somit ein paar Plätze für mich alleine stieg. Eine Frau sammelte dann die Boarding-Pässe ein. Ich fragte sie, wie viele Leute auf dem Flieger seien und die Antwort war: 136! Bei knapp 300 Sitzen ist das doch ne gute Zahl. So kam es, dass ich die vier Plätze der Mittelreihe für mich alleine hatte. Immer noch ziemlich dämlich ist allerdings, dass man die Armlehnen zwischen den beiden mittleren Sitzen nicht hochklappen konnte. So musste ich mich da doch immer irgendwie drumherumwurmen. Aber alle Mal besser als eingepfercht auf einem Platz zu sitzen. Ich verschlief also die Meiste Zeit des Fluges, so dass ich relativ fit in Kairo landete. Hier hatte ich nun vier Stunden Aufenthalt. Ich suchte mir einen Platz an einer Steckdose, schloss mein Laptop an und schaute den Film „Mandela“. Das Leben des ehemaligen und leider am 05.12.2013 verstorbenen Präsidenten Südafrikas beeindruckt immer wieder. Ein toller Mensch. Seine Fähigkeit zum Vergeben um gemeinsam weiter zu leben ist vorbildlich.
Der Weiterflug nach FFM war dann auch relativ schnell abgehandelt. Lustig nur, dass ich über Kopfhörer Bad Religion vom Laptop hörte, aber dummerweise nicht mitbekam, dass der Stecker so drin war, das auch die Lautsprecher an waren. So unterhielt ich einige Minuten die vorderen Reihen des Fliegers, bis sich eine Frau doch tatsächlich dazu erdreisstete mich zu bitten die Musik auszumachen… Peinlich, peinlich…
Ab Frankfurt hatte ich dann ja auch die Rückfahrt per ICE von meinen Eltern geschenkt bekommen, Gebucht war der ICE um 16:09. Bis dahin waren es noch zwei Stunden. In diesen zwei Stunden kamen sieben oder acht andere ICEs mit dem Ziel Köln. Doch keiner wollte mich mitnehmen. Sparpreis, Zugbindung… bla bla bla. Toller Verein. Ich weiß ja die hatten Recht. Ein Auge zudrücken hätten se trotzdem mal können. Erst recht in Zeiten wo einem die GDL auf den Sack geht. Egal!
In der ersten Klasse MEINES ICEs gönnte ich mir nun ein Bierchen. Ein letztes im Urlaub, so zu sagen. In Köln stieg ich in die RB nach Leichlingen wo mich meine Eltern am Bahnhof abholten. Bei meinen Eltern gab es erst lecker Essen, dann wurden die Fotos geguckt.
Fazit: Südafrika ist ein grandioses Land mit vielem für und wieder, einer unglaublich wechselhaften Geschichte und vielen tollen Menschen. Danke an alle die diesen Urlaub so toll gemacht haben.