Bayer 04 und Hopping

Doppler in Belgien von NL-Denhopper

Nachdem ich Mitte November einen Doppler in Luxemburg mit Drittligabeteiligung gemacht habe, bezeichne ich mich selber als “Hobbyhopper”. Umso trauriger, dass mir unter anderem der Länderpunkt Belgien fehlt. Nachdem es in den Folgewochen weder geklappt hat mal den Arsch nach Belgien zu bekommen, geschweige denn irgendwelche anderen Spiele ohne Leverkusener Beteiligung zu sehen wurde der 2. Weihnachtsfeiertag dafür missbraucht endlich länderpunkttechnisch Belgien zu entjungfern.

Die Ausgangssituation hatte vorgesehen, dass ich mit Doktormarius RSC Anderlecht gegen Lierse SK schauen werde und dann mit dem Auto mit anderen Hoppern zurück nach Deutschland gefahren werde. Weil Doktormarius noch das Boxing Day Match Kaffee und Kuchen bei Familie absolvieren musste, welches ich schon am 25.12. bestritten habe. Also sollte es mit dem Thalys-Express von Köln irgendwann ab 16 Uhr gen Brüssel gehen. Als studierter Logistiker völlige Hundescheiße. Die Jungs mit dem Auto müssen ja erstmal nach Belgien kommen um uns im Nachhinein nach Deutschland zurück mitnehmen zu können. Darauf musste Marius mich aufmerksam machen. Er war dann so nett und hat mir die Nummer von Marcel vermittelt, der zum Zeitpunkt der Nummernübergabe gerade Zeuge des Achtelfinalknockouts des 2. FC Köln zu Hause gegen Zweitligist Duisburg wurde.

Noch am Tag der Kontaktaufnahme zu Marcel wurde das Spiel in Anderlecht ausverkauft gemeldet. Marius dürfte den Kaffee aufgehabt haben. 34€ für ein Thalysexpressticket ohne Storno. Als Ausweichmatch wurde der Ground von KV Mechelen ausgemacht. Tagsdrauf wegen dem Schneefall abgesagt. Marius dürfte eine Thermoskanne aufgehabt haben. Die restlichen Matches um die Uhrzeit fanden allesamt auf Grounds statt, welche er schon hatte. 34€ für den Brennnesseltee. Marius bleibt in Deutschland.

Für mich sollte das trotz ausgiebiger Trauer kein Anlass sein, das Unterfangen Belgien abzublasen. Die Abfahrtszeit wurde in den Tagen bis zur Abfahrt schneebedingt zweimal um eine halbe Stunde nach vorne verlegt. Kein Problem. For Belgium!!!!

26.12.2010 13.00  Cercle Brügge – Standard Lüttich 1:0 (Jupiler League, 1. Liga Belgien)

Die Treffpunktzeit war 8 Uhr morgens. Pünktlich kam ich an einer anderen Stelle in Deutschland mit ganz viel Schnee an, welche sich Duisburg nennt. Das Hauptbahnhofsgebäude ist zum Glück so groß, dass es oben aus dem Schnee rausguckt. Ich stell mich vor den Haupteingang guck auf den Vorplatz ob da wer kommt, bekomme einen Anruf:”Bist du schon da?” “Ja” “Dreh dich mal um”. Marcel war schon da und mit ihm die Drittbesetzung JnJ. Ein Hagener Bayernfan. Netter Kerl mit Antipathien zu allen “Retortenvereinen”. Mithopper Nr. 4 ist Kingsman, heißt auch Marcel, kommt aus Solingen, ist Dortmundfan und eine dreiviertel Stunde zu spät. Also 8.50 Uhr Abfahrt in Duisburg.

Die Fahrt nach Belgien wurde mit Navigationsgerät bestritten. Problemlos fand man im munteren Plausch über Erlebtes den Weg nach Brügge. Ca. Viertel nach zwölf dürfte es gewesen sein, als man locker eine Nebenstraße vom drittgrößten Stadion Belgiens einen Parkplatz fand. Das Jan-Breydelstadion selber hatte eine baufällig aussehende Außenfassade. An einer der langen Tribünen erstreckten sich drei Etagen hoch Glasscheiben. Die Tribünenstufen ragten klar zu erkennen über den Bau mit den Scheiben. In regelmäßigen Abständen waren Graffitis unten am Gemäuer. Teilweise echt schön anzusehen. In der Umgriffsebene des Stadions war es dann auch das Einzige was an Fußball erinnerte. Die Menschen sahen aus als kämen sie gerade frisch vom Weihnachtsbrunch mit der Oma. Keiner trank Bier außer JnJ. Die Menschen haben ihn angeschaut wie einen Aussätzigen. Die Ordner wollten ihn auch nicht mit dem Bier aufs Gelände lassen, war aber kein Problem die Flasche mit reinzubekommen. Ins Stadion selber kam man dann auch ohne Kontrolle. Nur die Karte wurde angerissen um Sie zu entwerten. Karte kostete für die Hitner-Tor-tribüne 10€. Annehmbarer Preis denk ich. Drinnen musste ich dann auf meinen Länderpunkt eine Runde geben. Bier 1,80€ auf 4 Mann. Hätte schlimmer kommen können. Die Jungs aßen noch Burger und ich Pommes. Ich erwähne das, weil ich als Soße auf die Pommes “Freten Kot” bekommen habe. Ketchup. Mayonese und Chili. Lecker.

Was sich im Innenraum des Stadions bot war zunächst recht schön. Unter- und Oberrang. Der Oberrang mit mehr Sitzreihen, als der Unterrang und wesentlich steiler. Unterschiedlich hoch und jede Tribüne mit unterschiedlichen Sitzfärbungen. Ob diese jetzt wegen der Vereinsfarben der Heimvereine Cercle Brügge und Club Brügge angebracht waren oder einem LSD-Trip entspringen konnte während des Stadionaufenthaltes nicht geklärt werden. Viel kurioser war das Fanaufgebot von Cercle Brügge. Hinter dem Tor im Unterrang standen die “Ultras” von Cercle. Ein Haufen 12-17-jähriger. Zahnspangen und Milchzähne anstatt Tattoos und Bier. Der Trommler war ein ca. 14-jähriges Mädchen, welches auf einer Bierbank platz nahm und tapfer trommelte wie ein Anheizer auf einer römischen Galeere. Lustlos, aus dem Takt und ohne jegliche Variation aber durchgehend. Das ganze hatte den Anschein als wenn die Klasse 7B der Marc-Wilmots-Realschule einen Klassenausflug hatte und der Klassensprecher den Capo machen durfte. Als Leverkusener darf man sich eigentlich nicht über andere Fankulturen lustig machen aber über Cercle ist das unausweichlich. Das ganze Spiel über wurde gesungen. Jedoch nur maximal 3 Dauergesänge abwechselnd völlig ohne Zusammenhang mit dem Spiel. “Hey Baby” hatten Sie auch im Petto. Ab und an nur Schlachtrufe wie “Cercle, Cercle, Cercle” oder “Cercle Brügge!!!” bei denen dann mal kurz das Restpublikum mit einsprang. Das Restpublikum auf Haupt- und Gegengerade machte wenn Cercle gerade eine Chance vergeben hatte ohne Ultrasbeteiligung respektabel lauten Support, wodurch die Ultras problemlos überstimmt wurden. Auffällig während des ganzen Stadionbesuchs war das Ausbleiben von Menschen im alter zwischen 20-35 Jahren.

Der Gegner war Standard Lüttich. Lüttich konnte auf der anderen Hintertor-Tribüne einen kompletten Block voll ausfüllen. Der Rest der Tribüne war vollständig leer. Außer vor dem Spiel oder kurz nach Großchancen von Lüttich leider akustisch nicht zu vernehmen. Erwähnenswert war ca. 10 Minuten nach Spielbeginn gab es starke Tumulte im Lüttichblock. Lüttich hatte ein Banner mit politischen Background aufgehangen. 5 Ordner stürmten in den Block und haben es tatsächlich geschafft das Banner zunächst abzuhängen. Das Banner wurde später trotzdem durch Hochalten präsentiert.

Das Spiel ging 1:0 für Cercle Brügge aus, durch ein Tor irgendwann zwischen der 30. und 40. Minute. Pass auf den linken Flügel, der Spieler zieht am Torwart vorbei, Torwart fliegt hin, Spieler wartet bis Torwart wieder steht, Spieler zieht nach innen und macht das Siegtor. Schöner Schuss aus spitzen Winkel. Ein gewisser Axel Witsel flog in der ersten Halbzeit vom Platz, weil er einen Gegenspieler brutal umgetreten hat. Genau der Spieler, der im August 2009 für 3 Monate gesperrt wurde, weil er im Spiel gegen Anderlecht einen Gegenspieler so umgeholzt hatte, dass der sich Schien- und Wadenbein brach. Mein Vater würde “Rüpel” sagen. In der zweiten Halbzeit sind wir in den Oberrang gegangen. Als JnJ in den komplett leeren Block rechts oben gegangen ist um schöne Groundfotos zu schießen kamen zwei!!! Ordner um ihm wieder in den angestammten Block zu bitten. Gegen Ende des Spiels wedelten die Ordner im Block hysterisch mit den Händen in den Nebenblock. Zwei Ordner gingen schnellen Schrittes in diesen Block um zwei 9-jährige wieder wegzuschicken....

Auf dem Weg zurück zum warmen Auto hat man festgestellt, dass die komplette Anhängerschaft von Lüttich mit 19 Bussen nach Brügge angereist war. Respekt. Gent ins Navi einkloppen und Abfahrt.

Sonntag 26.12.2010 18.30  KAA Gent – Club Brügge 0:2 (Jupiler League, 1. Liga Belgien)

Unser Ausweichspiel für Mechelen und Anderlecht war die 18.30 Uhr-Begegnung von KAA Gent und Club Brügge. Was uns in Gent erwartete war das komplette Gegenteil von den Geschehnissen in Brügge. Einzige Parallele war das Parken in einer Nebenstraße in Stadionumgebung. Wir sind ca. 2 Stunden vor Anpfiff angekommen und es herrschte schon rege Stadionstimmung. Man trank Bier, aß Wurst, trug Trikot und zeigte Farben und es war mehr los als eine halbe Stunde vor Anpfiff in Brügge. Auf dem kurzen Weg vom Auto zum Jules-Ottenstadion (Kapazität 12.919) war ein erhöhtes Polizeiaufgebot, mit Wasserwerfer und Stacheldrahtabsperrung zu vernehmen. Sogar Polizei, welche zuvor noch in Brügge aufpasste, dass keiner Bratwurst klaut. Also richtige Brisanz und endlich etwas Spannung. Einziges Problem für uns. Das Spiel ist ausverkauft. Anscheinend ein Derby. Die Städte Gent und Brügge liegen “nur” 40 Kilometer auseinander. Wir mussten uns also um bereits verkaufte Karten kümmern. Das Unterfangen gestaltete sich schwieriger als geahnt. Der erste hatte keine Karte aber einen guten Tipp für uns. Er zeigte auf die Fankneipe von Gent und sagte “Teivei”.    Häääää?   “Teivei”    Häääää?  “Teivei”   aaaaaah. TV. Fernsehen gucken. Wir gingen wortlos weiter. Nach mehreren kartenanfragen wurde uns das Sekretariat empfohlen. Dort holten Fans reservierte Karten ab. Laut Informationen der Frau am Sekretariatsschalter sollen wir eine halbe Stunde vor Spielbeginn nochmal wiederkommen. Das war aber erst in einer Stunde. Was machen? Etwas essen. Wir fanden eine Frituur in der ein kleiner Junge echt schlechte Pommes servierte. Dafür schmeckte der Zigeunerstick. In dieser Frituur erzählten uns zwei Gentfans, dass wenn Gent heute gewinne der Trainer von Brügge entlassen werde und deshalb diese Brisanz sei. Pünktlich um 18 Uhr trafen wir wieder an dem Sekretariat ein. Die Frau hinter dem Schalter sagte wir sollen noch etwas warten. Mittlerweile hatte sich die Stimmung rund um das Stadion aufgebaut und jeder von uns Vieren hatte richtig Lust auf das Spiel. Eine brisante Begegnung. Der Zweite (Gent) gegen den Sechsten (Brügge). UND WIR HABEN KEINE KARTEN. Mit allem Charme der Welt und der Herkunft aus Bayern versuchte es JnJ ein ums andere mal bei allen Schaltermitarbeitern. Ohne Erfolg. Mittlerweile füllte sich der Vorraum vor dem Sekretariat mit anderen Leuten die keine Karten hatten und auf nicht abgeholte Reservierungen hofften. Bei uns machte sich Ungeduld und Nervosität breit. Keiner hatte Bock nach dem Kick im Jan-Breydelsttadion schon nach Hause zu fahren. Zum Glück sah die blonde Frau hinter dem Schalter nur böse aus. Als dann pünktlich zum Anpfiff des Spiels die nicht abgeholten Karten frei wurden winkte Sie uns als erstes heran um Karten zu kaufen. 35€ das Stück. Topspielzuschlag. Für ganz kurze Zeit trauerte ich dem Geld hitnerher. Um die Ecke mit Blick auf das Stadion konnte man sehen, dass der Heimblock ordentlich Pyro auf das Spielfeld geworfen hatte und wilde, laute Gesänge aus dem Staion peitschten. “Die 35€ haben sich jetzt schon gelont.” Nach kurzen Sprint zum Stadion konnte man erneut ohne Kontrolle in den Stadioninnenraum gelangen. Unsere Karten befanden sich im Oberrang der Gegengerade. Es rauchte noch von den Bengalen als wir im Stadioninnenraum nach gespielten 1:30 Minuten eintrafen.

Das Stadion war wie ein Trapez konzipiert. Die jeweilig gegenüberliegenden Tribünen gleichen sich in Bauart und Höhe. Die Haupttribünen mit Ober- und Unterrang, wobei Oberrang erneut mehr Sitzreihen hatte und steiler war als der Unterrang. Die Hintertortribünen waren ungefähr so groß wie der Unterrang der Haupttribünen. Wenn nicht sogar noch kleiner aber vollkommen überdacht. Wir haben übrigens in einem restlos ausverkauften Stadion nicht unsere Plätze eingenommen. Stattdessen haben wir beim reingehen 5!!!! freie Plätze nebeneinander bekommen.....  Das Spiel war spielerisch wesentlich besser als das Mittagsspiel. Die Stimmung war wirklich gut. Beide Seiten mit abwechselnden Gesängen. Teilweise sogar derbe Schmähgesänge für den Gegner und die gegnerischen Fans. Auf den Hintertortribünen haben Gent rechts von uns und Brügge links von uns ihre Stimmungsfans. Ein Abstaubertor brachte Brügge in der ersten halbzeit in Führung. Trotz völligem Übergewicht schaffte Brügge es durch ein Traumtor vom ehemaligen Duisburger Kouemaha den Vorsprung auszubauen. Der Brüggeblock kochte fast über und auch die Stimmung der Gentfans weiter gut, obwohl alles schon etwas bedrückter klang. Trotz eines Platzverweise für einen Brügger schaffte Gent es auch in Halbzeit 2 nicht anständige Angriffe zu fahren und so wenigstens den Anschluss zu schaffen. Es blieb beim 0:2, Brügge gewann, feierte und der Brüggetrainer dürfte nach der starken Leistung im Amt bleiben.

Auf dem Weg zurück zum Auto schien es zunächst so als würde unser Auto im abgesperrten Bereich der Polizei liegen. Die Fanbusse der Brügger Fans wurden vor deren Kurve gefahren und dafür wurde die komplette Kurve gesperrt. Als wir einmal um den Häuserblock gingen bemerkten wir das wir falsch liegen. Im warmen Auto machten wir uns schnell auf den Weg zurück in die Heimat. Beide Zugfahrer kamen pünktlich zu ihren Zügen nach Hagen bzw. Solingen.

Ein schöner Länderpunkt mit dem drittgrößten Stadion Belgiens und einem schönen weiteren Erstligaground mit einem brisanten Spiel und guter Stimmung. Nach einem arschkalten Tag mit viel Frittiertem, neu kennengelernten netten Leuten, einem Länderpunkt und zwei neuen Grounds fiel ich hundemüde ins Bett.

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