Bayer 04 und Hopping

Nordirland v Deutschland 2005 - Kartenorga für Fortgeschrittene

 

Wir schreiben den 26.06. anno domini 1993. Ich bin zwölf Jahre alt und meine Mama feiert ihren 40. Geburtstag. In unserem Garten kicke ich mit dem damaligen Lebensgefährten der damaligen Chefin meiner Mutter einen Fußall hin und her. Der Name meines Spielgefährten: Erich Rutemöller. Welche Funktion der zu diesem Zeitpunkt inne hatte, weiß ich nicht mehr und auch eine spontane google-Suche war nicht ganz eindeutig. Die Tatsache das Herr "Mach-et-Otze" mal Trainer beim FC und sogar verantwortlich dafür war, dass mein aller erstes Spiel in einem Fußballstadion 1. FC Kön v Bayer 04 am 18.05.1991 war - Andreas Fischer und Falko Götz trafen zu einem 1:1 – interssierte mich zu jener Zeit noch nicht. Von der Rivalität zwischen beiden Vereinen hatte ich nur eine vage Ahnung. Noch mochte ich den FC. Oder sagen wir besser: noch mochte ich ihn nicht nicht. Ich kickte jedenfalls ein wenig mit ihm rum und ging irgendwann brav in mein Bett, während die Erwachsenen noch weiter feierten.
Wir springen ins Frühjahr 2003. Wer rechnen kann weiß, dass nun der 50. Geburtstag meiner Mutter bevor stand. Da traf es sich gut, dass der Herr Rutemöller – inzwischen Ausbildungsleiter an der Sporthochschule Hennef – mit seinem damaligen Trainerlehrgang zu einem Testspiel in Leichlingen weilte. 2003 – und was für ein Lehrgang! Mit dabei unter anderem: Ulf Kirsten, Thomas Doll, Thomas Dooley, Hansi Flick, Ioan Lupescou, Jens Melzig und Andreas Thom. Mir kam ein Gedanke und trank mir etwas Mut an um nach dem Spiel zu Herr Rutemöller zu gehen und ihn zu fragen:

"Hallo, kennen Sie mich noch?"
"Nein, sollte ich?", war die ehrliche Antwort.
"Naja, nicht wirklich, aber 1993 haben wir auf dem Geburtstag meiner Mutter zusammen Fußball gespielt. Sie waren damals mit Ihrer damaligen Lebensgefährtin Uschi (sie hieß wirklich so) XXXXXX dort." Wegen der Tatsache, dass ich den Namen seiner damaligen Lebesgefährtin kannte, wusste er, dass ich keinen Quatsch erzählte. Bei einem Bier hörte er sich daher meinen Gedanken an:

"Meine Mutter wird bald 50. Wäre es möglich, dass Sie mir ein Foto/Poster des Lehrgangs mit allen Unterschriften zukommen lassen, das ich ihr dann schenken kann?" Rutemöller zörgerte, dachte nach und sagte:
"Tut mir leid, die Fotos werden traditionell immer erst am Ende des Lehrgangs gemacht (das wäre dann zu spät). Das haut also nicht hin. Aber ich bin ja demnächst mit der Nationalmannschaft auf Tour nach Schottland und Färör. Was hälst du davon, wenn ich dir ein Trikot mit allen Unterschriften davon besorge?" Ich hätte fast mein Bier inklusive Glas verschluckt. Nach einigen Sekunden verblüffter Sprachlosigkeit, stammelte ich:
"Ehm, ja, das wäre natürlich auch okay. Das wäre ja noch viel cooler! Vielen Dank!".

Er gab mir seine Visitenkarte und nach ein wenig weiterer Plaudrei verabschiedeten wir uns. Ich schrieb ihm noch mal eine Email mit der "Lieferadresse" usw. und pünktlich ein paar Tage vor dem Geburtstag kam ein Päckchen mit dem Trikot und allen Unterschriften der Spieler und Trainer bei mir an. Richtig geil und die Freude und das Erstaunen meiner Mutter waren riesig.

Ein weiterer Sprung bringt uns ins Jahr 2005. Ich hatte bereits Flüge und Hotel für das Spiel Nordirland v Deutschland gebucht, als ich sowohl vom Fanprojekt Leverkusen als auch vom DFB eine Absage für Tickets bekam. Nach einer kurzen Phase der Verzweiflung fiel mir ein, dass ich immer noch die Visitenkarte vom Rutemöller in einer Schublade hatte. Ich kramte sie hervor und schrieb ihm eine Email mit der hier schon geschilderten Geschchte und dass ich unendlich dankbar wäre, wenn er mir mit zwei Karten aus der Patsche helfen könne. Ein paar Tage später klingelte zu Hause das Telefon. Mein Vater hob ab und sagte: "Ist für dich, Erich Rutemöller ist dran!"

"Guten Tag Herr Rutemöller. Vielen Dank für Ihren Rückruf!"
"Hallo Marius, [...] der jenige der die zweite Karte nimmt, darf aber kein Hooligan sein!"
"Nein, keine Angst, so Leute kenne ich gar nicht, die bekommt ein Kumpel!"
"Okay, dann geht das klar. Die Karten sind auf meinen Namen im Hilton Hotel in Belfast für dich hinterlegt. Du kannst die da am Morgen des Spieltages abholen."

Ich bedankte mich tausendfach und machte den ein oder anderen innerlichen Luftsprung vor Freude. Die Tour konnte losgehen...
Leider hatte sich Rutemöller dann unmittelbar vor dem Spiel mit dem DFB verkracht, so dass die Karten nicht im Hotel lagen... Aber lest nun ab hier den original Bericht von damals:



Nordirland – Tour 2005
03.06.05 bis 06.06.05

TAG 1 / TEIL 1
Der Morgen begann wie jeder andere auch: Wecker, Dusche, Frühstück. Mein Vater fuhr mich gnädigerweise zum Bahnhof nach Leichlingen, und um 6:00 Uhr erreichte ich Köln Deutz. Dort traf ich meine Mitfahrgelegenheit nach Amsterdam. Der Typ hieß Robert und hatte noch einen zweiten Fahrgast mit dem Namen Roy an Bord. Kontakt zu Robert bekam ich durch mitfahrgelegenheit.de, eine empfehlenswerte Seite, wenn man mal günstig irgendwohin möchte. Wir drei verstanden uns auf Anhieb sehr gut. So verging die Fahrt bei Gesprächen über Musik und andere Allerweltsthemen recht zügig.
In Duivendrecht, am Bahnhof, verließ ich die beiden und stieg in den Zug nach Amsterdam Schipol um. Gegen 09:30 Uhr war ich am Amsterdamer Flughafen.
Beim Check In machte ich bereits vier Typen aus, die wohl auch die Reise nach Amsterdam antreten wollten. Zwar trugen sie keine Deutschland-Fanartikel, dafür aber UMBRO Shirts und New Balance Schuhe. Außerdem sprachen sie Deutsch. Wenn das mal keine Anzeichen sind! Bisher hatte ich allerdings noch nicht mit ihnen gesprochen, da sie sich wieder vom Check In entfernten.
Zur Zeit sitze ich in der Plaza Bar und trinke eine Cola. Der Gedanke an „Auswärtstourenbier“ wird durch das Angebot getrübt, welches sich auf Heineken und Amstel beschränkt. Ich gehe allerdings davon aus, dass mir das früher oder später egal sein wird. Schließlich ist auch Groß Britannien nicht gerade bekannt für gutes Bier.
So, die Cola ist leer. Ich mache mich auf und geh ein wenig spazieren. Mal sehen, wen man so trifft. Ich melde mich dann wieder.

TAG 1 / TEIL 2
Da bin ich wieder. Die vier Deutschen von denen ich eben sprach, waren tatsächlich Deutsche auf dem Weg nach Belfast. Irgendwann habe ich sie wiedergetroffen und mit der überflüssigen Frage ,,Fahrt ihr auch zum Länderspiel nach Belfast“ den ersten Kontakt geknöpft. Während wir uns unterhielten kam raus, das es sich um die Besitzer der HOF/SAALE (Hofer) und ARROGANTIA COLONIA (Deuster) – Fahnen handelt. Vor dem Gate traf man noch AIR BÄRON. Deuster und Hofer sowie ein Kumpel von denen (Junior) fragten mich, ob ich mit nach Dublin kommen wolle um dort am Abend Shamrock Rovers gegen Bohemians Dublin im Balymous Park zu gucken. Dass die vier auf einmal nur noch zu dritt waren, lag daran, dass der vierte Mann über Dublin geflogen war.
Der Flug verlief ereignislos, da es sehr bewölkt war. Ich gehe davon aus, dass sich ca. 50 bis 80 Deutsche im Flugzeug befanden.
Am Flughafen angekommen, dauerte es ewig bis das Gepäck da war und anschließend noch länger, bis wir den Mietwagen fanden.
Zur Zeit sind wir auf dem Weg nach Dublin. Das Linksfahren ist zwar etwas ungewohnt, klappt aber ganz gut.
Bis gleich....

TAG 1 / TEIL 3
In Dublin angekommen, fanden wir recht schnell den Ground. Wir suchten nach Möglichkeiten an Eintrittskarten zu kommen, was sich aber erübrigte, da es keine gab. Man bezahlte und ging rein. Vor dem Stadion trafen wir bereits Hunderte Deutsche, unter anderem auch den vierten Mann (Dee), die ebenfalls das Spiel sehen wollten. Im Stadion waren vielleicht 4000 Leute, davon bestimmt 500 bis 600 Deutsche. Der Support war auf beiden Seiten ganz ordentlich. Nach dem Spiel ging es kurzzeitig gut ab. Bengalo bei den Bohemians (sie hatten 2:1 gewonnen)! Platzsturm bei den Rovers. Der Spuk war allerdings schnell wieder vorbei. Auf der Rückfahrt telefonierte ich mit meiner Jugendherberge um zu sagen, dass ich später kommen würde. Man gab mir ein Zimmer in einem Zweitgebäude. Dort angekommen begrüßten mich acht total besoffene und bekiffte Schotten. Sehr nervig, aber kultig. Mein Handy klingelte und Dee war dran. Er fragte mich, ob er und Junior noch bei mir im Zimmer pennen könnten. Da mein Zimmer groß genug war und Platz für vier Leute bot, kamen die beiden noch vorbei und quartierten sich bei mir ein. Aus meinem Zimmer wurde unser Zimmer. Bald schliefen wir ein.

TAG 2 / TEIL 1
Gegen 10 wachten wir auf und machten uns frisch. Nachdem wir einige organisatorische Dinge mit der Hostel geregelt hatten, fuhren wir in die City. Langsam stellte sich heraus, dass Unmengen Deutsche da waren, die noch keine Karte hatten. Dee, dem ich meine zweite Karte versprochen hatte, und ich fuhren mit dem Taxi zum Hilton
um diese abzuholen. Die Karten von Herrn Rutemöller waren aus irgendeinem Grund nicht da. Aber ein Herr Zwanziger, der mitgehört hatte gab uns noch welche. Umsonst! Ausnahmsweise, und mit ganz viel Überwindung sagen wir beide: „Danke DFB!“ Pfui!
Mit dem Taxi ging es zurück in die City zum Kentucky Fright Chicken. Dort trafen wir die anderen drei wieder und frühstückten erst einmal. Anschließend passierte das, worauf ich schon gewartet hatte: Wir gingen in einen Pub, den South Belfast Northern Ireland Supporters Club Pub. Geiler Name, oder? Versuch das mal im vollen Kopp auszu-sprechen...! Dort traf man auf ebenso viele Deutsche wie Nordiren: BFCler, Wuppertaler, Hamburger, Bayern und und und. Der Abwechslung wegen wechselten wir nach einigen Bier in einen anderen Pub. Hier durfte ich nicht mal meine Cappy aufbehalten. Außerdem wimmelte es dort von unsympathischen Frankfurtern. Daher zogen wir ohne ein Bier getrunken zu haben in den nächsten Laden: Beaten Docket! Dort sitze ich gerade und mache jetzt erst mal Schluss. Mein Bier wartet....bis dann!

TAG 4 / TEIL 1 bis Ende
So, ein kleiner Sprung von Tag zwei auf Tag vier. Aber in den letzten beiden Tagen ist einfach so viel passiert, dass ich erst jetzt, auf dem Rückflug, dazu komme es niederzuschreiben.
Nachdem wir den Beaten Docket verlassen hatten, stellte sich heraus, das auch der Hofer bei uns pennen musste, weil das Zimmer der Arrogantia Colonia nun doch irgendwie voll bzw. überbelegt war. Eine vom Dublin-Ausflug bekannte Coburg-Fraktion hatte gar keine Unterkunft. Sie stellten aber ihr Gepäck bei uns im Zimmer ab, bevor wir nun zu Siebt (die vier Coburger, Junior, Dee und ich) mit dem Taxi zum Stadion fuhren.
Dee und ich saßen in der ersten Halbzeit noch auf der Haupttribüne inmitten von Snobs und irgendwelchen Betriebsausflüglern. Das war nicht das wahre. Daher wechselten wir in der Pause in den Fanblock. Dort war die Stimmung ganz passabel, mehr aber auch nicht: die üblichen Anti-MV- und Deutschlandgesänge halt. Das Highlight war sicherlich das zweistrophige „Mexiko“. Der Support der Nordiren war hingegen richtig geil. Laut und leidenschaftlich! Britisch halt!
Nach dem Spiel fuhren die Coburger und ich wieder in den Beaten Docket, da die meisten anderen Pubs „for Supporters closed“ waren. Na toll, die sind ja fast genau so bekloppt wie in Deutschland...
Nach und nach trudelten Dee, Junior und einige Lauterer ein, mit denen wir dann ganz ordentlich becherten. Gegen 0:00 Uhr hat der Pub zu gemacht. Dee, Junior und ich gingen in die Hostel. Diese war inzwischen belagert von deutschen Fans verschiedenster Herkunft sowie den bereits genanten Schotten. Im Kühlschrank lagen zwei Flaschen Budweiser, welche ich mir einverleibte. Irgendwann packte irgendjemand eine Flasche Jägermeister aus. Als diese gegen vier oder fünf Uhr geleert war, ging ich auf `s Zimmer, wo Dee, Junior und Hofer bereits am pennen waren. Die Coburger, die die ganze Nacht mit gesoffen hatten, schliefen auf den Sesseln im Aufenthaltsraum und waren gegen sechs Uhr losgezogen um ihren Flug in Dublin zu bekommen.
Viel zu früh wachte ich am Sonntagmorgen auf. Dee und Junior fuhren mit dem Bus nach Dublin, um sich dort ein Spiel anzuschauen , welches aber gar nicht stattfand. Pech gehabt! Statt dessen schauten sie Galic Fotball. Was auch immer das genau ist. Hofer und ich gingen einen Kaffee trinken. Anschließend trafen wir beim KFC den Deuster mit einem Kumpel. Auch die beiden hatten inzwischen kein Zimmer mehr und mussten nun bei uns schlafen. Wir luden also deren Gepäck bei uns ab und gingen in die City shoppen, was hier auch an Sonntagen möglich war. Zu viert machten wir nun eine Taxistadtrundfahrt durch die Katholiken- und Protestantenviertel. Das war echt super- interessant, da der Taxifahrer viel über den Nordirlandkonflikt erzählen konnte.
Im Supermarkt kauften wir ein paar Dosen Bier um dann im Zimmer die Sau raus zulassen. Es wurde viel dummes Zeug geredet und gemacht.
Am nächsten Morgen holte uns Kevin, der Taxifahrer, der mit uns die Stadtrundfahrt gemacht hatte an der Hostel ab und fuhr uns zum Flughafen.
Dort haben wir lecker gefrühstückt. Und obwohl wir in Großbritannien waren, meine ich das ernst. Es gab nämlich Cornflakes.
Jetzt sind wir mitten über England. Eventuell wollen wir heute Abend noch nach de`Graafschap fahren und dort ein Relegationsspiel angucken. Ihr werdet von mir hören.
Jetzt sitze ich im ICE von Amsterdam nach Düsseldorf. Wir haben uns aus verschiedenen Gründen gegen de`Graafschap entschieden. In Düsseldorf treffe ich mich gleich mit meinem Vater und wir fahren dann gemeinsam nach Hause.








 

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