Doppler in LUX - von NL - Denhopper
Sonntag 21.11.2010 14.30 Uhr
Sporting Mertzig – Muhlenbach Lusitanos 0:1 (Division 1, 3. Liga Luxemburg)
Samstagmorgens gerade frisch aufgestanden, vor Leverkusens Spiel gegen die Bayern öffne ich mein Postfach im Fanforum und hab eine Nachricht von Doktormarius vorliegen.
„Hi,
fahre am sonntag mit zwei anderen nach Luxemburg zum spiel Cancah v hesperange. Nix dolles aber immerhin... Bock mitzukommen?
fahre am sonntag mit zwei anderen nach Luxemburg zum spiel Cancah v hesperange. Nix dolles aber immerhin... Bock mitzukommen?
Abfahrt wäre so gegen 13:30 Uhr in LEV oder nach Absprache...
LG Marius“
Was ist Cancah? Klar fahr ich mit. Ca. 8 Stunden und 13 Bier später erzählt er mir das wir einen Doppler machen und einen Abstecher in die dritte Liga Luxemburgs. Noch geiler. Länderpunkt in der dritten Liga holen. Bombe. Darauf erstmal ein Bier. Treffpunkt aber 11 Uhr in Leverkusen. Also nach dem Spiel nicht mehr so viel saufen.
Den Rest schenk ich mir.
Ich beweg meine Karre noch schlaftrunken nach Leverkusen, um von da mit einem anderen Auto gen Luxemburg zu fahren. Sogar pünktlich angekommen erzählt Marius, dass wir nur zu dritt fahren. Wegen der absolut beschissenen Straßenführung in Leverkusen kommt der Fahrer 10 Minuten später an. Er stellt sich mir als Roter vor. Ein HSV-Fan. Wohnhaft in Hamm. Freundlicher Kerl mit einer leichten Abneigung gegen St. Pauli und Sozialarbeiter. Schon nach wenigen Kilometern auf der Autobahn bekomme ich die ersten saugeilen Anekdoten erzählt. Immerhin sitze ich gerade mit 109 Länderpunkten in einem Auto. Der Rote hat insgesamt 77 und erst vor kurzem in Südafrika 6 Länder abgegrast. Darunter Lesotho was wohl aus mehr Matsch besteht als das Otto Normalhirn eines Kölners. Die Fahrt an sich verlief bis Luxemburg highlightlos wenn man von den Geschichten absieht.
An der ersten Tanke in Luxemburg das obligatorische Volltanken. Das Land ist so billig, dass sogar Tankstellenchips und Donuts billiger sind als die beim deutschen Discounter. Ich hatte zwar gerade etwas gegessen aber so was lässt man sich nicht zweimal sagen.
Der Rote empfindet Navigationsgeräte als nervig und hat als Präventivmaßnahme, eine solche Investition aus Genervtheit aus dem Fenster zu werfen, dass Navi zu Hause gelassen. Außerdem ging die Luxemburgsoftware nicht drauf. Also Atlas lesen. Der Rote fährt, ich sitze hinten, also muss Marius lesen. In den folgenden Stunden sollte ich das Wort „Sozi“ öfters hören, als es selber jemals gedacht hab. Der Atlas ist für Deutschland konzipiert und dementsprechend war Luxemburg nur grob drauf. Auf dem Weg zum 14.30 Uhr-Kick in Mertzig haben wir uns sage und schreibe 4mal verfahren. In Berg Colmar, eine Stadt 7 Minuten von Mertzig entfernt haben wir uns zweimal verfahren. Die Stimmung drohte zu kippen, da wir 5 Minuten vor Anpfiff in Berg Colmar waren und nicht wussten, in welcher SCHEIß Richtung Mertzig liegt. Ich habe zu Hause angerufen um meine Mum als menschliches Navigationsgerät zu zweckentfremden. Gerade wo meine Mum es geschafft hat „Mertzig“ vollständig in die Tastatur zuhacken haben die Jungs vorne die richtige Straße gefunden. Zum Glück sind alle noch so kleinen Fußballplätze in Luxemburg innerhalb der Stadt ausgeschildert. Mit fünfminütiger Verspätung trafen wir am Ground ein. „Stadion An den Burwiesen“.
Erst jetzt wurde mir der heutige Gegner des Heimteams bekannt. Die Muhlenbach Lusitanos.
Auf dem Platz spielte zunächst Blau gegen Rot. Um den Ground waren knapp 60 Leute versammelt. Die Lage des Grounds war sehr beschaulich. Drumherum eine Reihe dünnbesiedelte Bäume. Dahinter nix. Dahinter auch nix. Der Rasen ein Acker. Auf einer Seite eine Tribüne ohne Sitzschalen mit Glasscheiben an den Seiten als Windschutz und einem Stadionsprecherhäuschen, sogar mit Stadionsprecher. Unter der Tribüne haben sich die Kabinen befunden. Auf der gegenüberliegenden Seite war ein schön eingerichtetes Holzhäuschen, welches als Vereinsheim und Fanhaus dient. Da gab es draußen einen Grill mit einer arschgeilen Mettwurst. Dann noch luxemburgischen Senf und ein dreieckiges Brötchen dazu. Ein schweineleckeres fetttriefendes Maulerlebnis. Drinnen gabs Bouillon, durchsichtigen Kaffee und was es sonst noch so an einer gut sortierten Dorfbar geben muss. Die „Stadt“ Mertzig scheint so klein zu sein, dass dort ein Geschwisterpaar die Innenverteidigung bilden muss und als Mittelstürmer ein 15-jähriger aufläuft. Die Muhlenbacher hatten sogar Auswechselspieler. Das Spiel war von Chancen geprägt die aus Unvermögen der Abwehr zugelassen wurden und aus Unvermögen von den Stürmern vergeben wurden. Ansonsten nur Gehacke und Getrete. Das war aber aller Ehren wert. Was die nicht spielen konnten haben die getreten. Nur die Schwalben und schauspielerischen Einlagen waren nervig. Wenn mal spielerisch etwas Sehenswertes dabei war kam es im 20-Minuten-Takt und war von den Muhlenbachern. Die haben ab und an mal schön kombiniert und kamen mit einer (ohne Witz) sehenswerten Aktion immerhin zu einem Abseitstor. Die technische Überlegenheit führte am Ende sogar zum Siegtreffer der wieder mit einer Passstafette herausgespielt wurde. Die Mertziger kamen nicht mal mehr zu Chancen und so blieb es beim 0:1. Mit dem Abpfiff ab ins Auto und erstmal ne Runde sich in Luxemburg verfahren.
Erwähnenswert war, dass wir erst Anfang der zweiten Halbzeit wussten wer in welchen Trikots spielt.
Sonntag 21.11.2010 17.30 Uhr
Jeunesse Canach – Swift Hesperange 2:1 (BGL Ligue,
1.Liga Luxemburg)
Na klar haben wir uns verfahren. Wieder zweimal. Und die Stimmung drohte mal wieder zu kippen. Man wollte ja nicht zum Tagesziel auch zu spät kommen. Und mein Länderpunkt musste auch gebührend gefeiert werden. Aber wir haben den Weg diesmal etwas schneller gefunden. Wohl gemerkt gerade dann wo meine Mum „Junglinster“ in die Tastatur balanciert hat. Warum Junglinster? Dazu später mehr. Junglinster war definitiv größer als Mertzig aber, die Flutlichter waren so hell, dass der Himmel davon erleuchtet wurde und uns quasi wie der Stern von Junglinster zum Ground geführt hat.
Eine viertel Stunde vor Anpfiff haben wir das „Stade de la Route de Luxembourg“ erreicht.
Der Rasen war schön anzusehen. Gepflegt. Sah fast aus wie ein Kunstrasen. War aber keiner. Der Ground war modernisierter. Es gab wieder nur eine Tribüne. Die aber neuer ist oder erneuert worden ist. Allgemein war die Anlage schön anzusehen. Das Vereinsheim befand sich hinter der Tribüne unter der wieder die Kabinen waren.
In diesem Vereinsheim haben wir dann das Länderpunktbier zu uns genommen. Marius einen Brennnesseltee. Aber der war für den Arsch.
Das Spiel war eher auf mäßigem Niveau. An sich noch schlimmer anzusehen als das Spiel in Mertzig. Keine Fouls und noch weniger Torraumszenen. Dafür ein Tor in der ersten Halbzeit. Ein Canacher Stürmer mit dem Nachnamen Pedro schoss zur Führung in der 31. Minute ein. Die Stimmung war beim Tabellenschlusslicht der luxemburgischen ersten Liga relativ gut. Das Fernsehen war da und hat sogar Fans interviewt. Was genau da gefragt wurde weiß ich nicht. Die Stimmung war laut dem Roten die beste bisher in Luxemburg erlebte Stimmung. Ein älterer Herr mit Helmut Schön Kappe hat ab und an für einen für die Masse lauten Gesang gesorgt. Und eine sinnlose Welle während des Spiels gab es auch. In der Halbzeitpause hat Marius im Vereinsheim einen deutschsprechenden Luxemburger gefragt wieso das Spiel nicht auf dem eigentlich angestammten Canacher Ground stattfindet. Es gab beim letzten Heimspiel Ausschreitungen… Der Heimtrainer wurde vom Schiedsrichter des Feldes verwiesen (nicht auf die Tribüne, weil es dort keine gibt). Da soll wohl ein Fan eine Flasche zerschlagen haben und damit den Schiedsrichter angegriffen haben. Also soll der ganze Verein in das entlegene Junglinster umziehen in dem eigentlich Drittligist Jeunesse Junglinster sein Heimspiele austrägt. In der zweiten Halbzeit erwartete uns noch ein Lupfertor, ein Maskottchen und der Anschlusstreffer der Hesperanger. Mit dem Abpfiff machte man sich aber wieder auf in die Heimat. Luxemburg ist einfach zu kalt. Auf dem Heimweg hat der Rote eine unfassbare Geschichte vom vergangenen Nordderby erzählt. Ansonsten haben wir uns nur einmal verfahren und das nach 30 Metern gemerkt. Viertel nach zehn hat uns der Rote in Leverkusen unter der Stelze abgesetzt.